
Heft 05/1998
Theater und Krieg
Zur Situation im ehemaligen Jugoslawien
Broschur mit 104 Seiten, Format: 215 x 285 mm
ISSN 0040-5418
Dieses Heft ist leider vergriffen
Theater und Krieg: Fünf Jahre ist es jetzt her, daß "Theater der Zeit" als "Zeitschrift für Politik und Theater" in neuer Herausgeberschaft neu erstand, ein Schwerpunkt im ersten Heft im Mai 1993 war dem Theater in Jugoslawien gewidmet, ein Theater in den Wirren des Bürgerkriegs, der uns schmerzlich bewußt machte, wie instabil die politischen Verhältnisse im scheinbar durch die deutsche Vereinigung und den Verfall der kommunistischen Herrschaft sicherer gewordenen Europa noch immer waren. Der Stückabdruck stellte Goran Stefanowskis "Sarajevo" vor, gerade in Amsterdam uraufgeführt, in einer Zeit, als die von nationalen, religiösen, rassistischen Auseinandersetzungen zerklüftete Stadt fast täglich in den Schlagzeilen der Medien auftauchte.
Fünf Jahre später gibt es allenfalls einen durch politischen Druck, wirtschaftliches Embargo und die Präsenz von "Friedens"-Truppen erzwungenen Waffenstillstand, von wirklichem Frieden sind wir immer noch weit entfernt, und in Kosovo sterben schon wieder Menschen. Wie eine einstmals reiche Kultur systematisch durch nationalistische ApartheidsPolitik zerstört wird, die einmal auf dem Zusammenspiel, der lebendigen Auseinandersetzung verschiedener regionaler Kulturen beruhte, davon wollen wir in diesem Heft berichten - das Jugoslawien-Thema im Kontext von Politik und Theater wieder aufnehmend -, auch von den Anstrengungen, Theater als einen Ort der politischen Auseinandersetzung zu behaupten oder wieder zu beleben. Ein deutscher Regisseur und Intendant schildert, wie er, im heutigen Sarajevo Büchner inszenierend, die Menschen und ihre Probleme erlebt.
Wir stellen auch wieder ein Stück aus dieser Region vor, Biljana Srbljanovic' "Belgrader Trilogie", das als Belgrader Produktion auf der diesjährigen Bonner Biennale zu sehen sein wird, als Teil des Konzerts der Bühnen ganz Europas. So wird ein Konflikt erneut thematisiert, der aus den Schlagzeilen zu verschwinden droht, weil der Alltag keine neuen "Bilder" des Schreckens, des Terrors, des kalten und heißen Krieges mehr herzugeben scheint.
Theater kann/muß die Probleme, auch die der südöstlichen Eiterbeule Europas, virulent halten, wofür Frank Castorfs jüngste Inszenierung ("Schmutzige Hände") ein beredtes Beispiel ist. Die Einheit Europas, die nur als Einheit verschiedener Kulturen denkbar ist, wird nicht durch eine künstlich gezeugte Währung geschaffen, sondern nur durch "Instrumente des Friedens", wie schon vor fünfJahren die in Berlin lebende, sich als "Jugoslawin" fühlende Regisseurin Mirjana Erceg bekannte. Noch immer gilt, wie vor fünf Jahren: "Die Vorstellung von einem Europa als ,Familie der Kulturen' wird aber solange ein Traum bleiben, solange man im Westen nicht bereit ist, den eigenen Wohlstand und das Wissen mit den ärmeren Völkern zu teilen. Ob ein solidarischer und ökologischer Kapitalismus möglich ist, das ist die Frage, die sich im täglichen Kampf um mehr Demokratie und mehr Gerechtigkeit entscheiden wird. Deshalb müssen die Mächtigen einem ständigen Druck von unten ausgesetzt werden: dem Druck der Demokratie von unten, dem Druck von europäisch vernetzten Bürgerbewegungen, dem Druck der Randgruppen und Minderheiten, dem Druck von Künsten und unabhängigen Medien."
M.L.
Artikel | Seite |
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Artikel | Seite |
Editorial | Seite 3 |
Theater und Kriegvon Martin Linzer | |
Theater und Krieg | |
Willkommen zurück im PolitischenFrank Castorf inszeniert "Schmutzige Hände"von Nikolaus Merck | Seite 4 |
Geschichten der TotenZeitgenössisches Drama und Theater in Jugoslawienvon Aleksandra Jovicevic | Seite 8 |
Die Zerstörung der südslawischen kulturellen Identitätvon Mirjana Miocinovic | Seite 13 |
Alle haben gelachtEin Rückblick auf die Protestbewegungen in Serbien 1996/97von Aleksandra Jovicevic | Seite 17 |
Morgen SarajevoManfred Weber inszeniert Büchner in Sarajevovon Manfred Weber | Seite 20 |
Gespräch | Seite 22 |
"Dem Publikum einen Moment Zeit stehlen"Andreas Kriegenburg im Gespräch mit Frank M. Raddatzvon Frank Raddatz und Andreas Kriegenburg | |
Das Mysterienspiel als VolkskomödieThomas Langhoff inszeniert "Der Kaukasische Kreidekreis"von Friedrich Dieckmann | Seite 26 |
Benno Bessons Gänge in die Tiefe"Die heilige Johanna der Schlachthöfe" am Schauspielhaus Zürichvon Christa Neubert-Herwig | Seite 33 |
Gespräch | Seite 36 |
"Der Gummimensch kommt in Sicht"Matthias und Anna Langhoff unterhalten sich über Bertolt Brechtvon Matthias Langhoff und Anna Langhoff | |
Porträt | Seite 40 |
Suche nach dem WahrhaftigenDer Schauspieler Oliver Bäßlervon Martin Linzer | |
Spektakel | Seite 43 |
Der Dschungel ist eine Rennbahn"Dschungel L.E." im Schauspiel Leipzigvon Sabine Reinhard | |
Kindertheater | |
"Komm'ma gucken"Kinder-Musik-Theater in Nordrhein-Westfalenvon Barbara Engelhardt | Seite 46 |
"Es ist doch nicht alles aufgegessen"Das carrousel Theater in Berlinvon Frank Dietschreit | Seite 48 |
Ausland | |
Und sie dreht sich doch?Brecht im Theater Brasiliensvon Uta Atzpodien | Seite 52 |
Unscharfe BilderEin Workshop in Uruguayvon Alexander Stillmark | Seite 56 |
Musiktheater | Seite 58 |
HeldendämmerungÜber Held und Anti-Held in der neuen Oper, Teil IIvon Stefan Amzoll | |
Auftritt | |
Selbstbewußter PluralismusBonnvon Heinz Kluncker | Seite 62 |
Auftritt in neuem KleidFreiburgvon Barbara Engelhardt | Seite 64 |
Sex & PolitikMannheimvon Otto Paul Burkhardt | Seite 66 |
3 x "Dreigroschenoper"Chemnitz, Dessau, Detmoldvon Martin Linzer | Seite 68 |
2 x 2 - Dea Loher und Andreas KriegenburgHannovervon Michael Quasthoff | Seite 69 |
"Die Plebejer proben den Aufstand" / "Miß Sara Sampson"Braunschweigvon Thomas Wieck | Seite 71 |
"Der jüngste Tag" / "Ein Kind unserer Zeit"Schwerinvon Stefan Grund | Seite 72 |
"Malaria"Hamburgvon Stefan Grund | Seite 73 |
"Baddis Garage"Potsdamvon Martin Linzer | Seite 74 |
LandestheaterSalzburgvon Wilfried Passow | Seite 74 |
"Die Reise"Saarbrückenvon Frank Kämpfer | Seite 76 |
"Entführung aus dem Serail"Stuttgart/Baselvon Nora Eckert | Seite 77 |
"Majakowskis Tod - Totentanz"Leipzigvon Jens Knorr | Seite 78 |
Experimentelles MusiktheaterNRWvon Frank Kämpfer | Seite 79 |
Premierenkalender | Seite 80 |
Mai / Juni | |
Stück | Seite 84 |
Wir leben in einem Theater des AbsurdenAus einem Gespräch mit Biljana Srbjanovicvon Biljana Srbljanović und Jelena Sredic | |
BELGRADER TRILOGIE(Originaltitel: Beogradska trilogija). Aus dem Serbischen von Barbara Antkowiakvon Biljana Srbljanović | |
Magazin | |
Familientreffen oder Marktplatz?von Kathrin Tiedemann | Seite 98 |
Kurzweil und Happy EndKurt-Weill-Fest '98 in Dessauvon Martin Linzer | Seite 98 |
BücherAlec Guinness: Adel verpflichtet / Tagebuch eine noblen Schauspielers. Henschel Verlag, Berlin 1998, 224 S.von Martin Linzer | Seite 99 |
BücherEinstein in Deutschland. Henschel Verlag, berlin 1998, 240 S.von Martin Linzer | Seite 99 |
BücherKati Röttger/Martin Roeder-Zerndt (Hg.): Theater im Schutt der Systeme. Vervuert. Frankfurt/M., 1997, 296 S.von Martin Linzer | Seite 99 |
BücherWolfgang Deichsel: Werke Bd. VI, Verlag der Autoren, Frankfurt/M., 1997, 240 S.von Martin Linzer | Seite 100 |
BücherLouis Malle über Louis Malle. Alexander Verlag, Berlin 1998, 341 S.von Stefanie Metzelaers | Seite 100 |
BücherRobert Schlesinger: Gott sei mit unserem Führer. Der Opernbetrieb im deutschen Faschismus. Löcker Verlag, Wien 1997, 146 S.von Nora Eckert | Seite 101 |
Meldungen | Seite 101 |
Kolumne | Seite 103 |
Der Mai ist gekommenBerliner Newsvon Martin Linzer | |
Autoren | Seite 104 |
Impressum | Seite 104 |
Stefan Amzoll
Uta Atzpodien
Otto Paul Burkhardt
Friedrich Dieckmann
Frank Dietschreit
Nora Eckert
Barbara Engelhardt
Stefan Grund
Aleksandra Jovicevic
Frank Kämpfer
Heinz Kluncker
Jens Knorr
Andreas Kriegenburg
Anna Langhoff
Matthias Langhoff
Martin Linzer
Nikolaus Merck
Stefanie Metzelaers
Mirjana Miocinovic
Christa Neubert-Herwig
Wilfried Passow
Michael Quasthoff
Frank Raddatz
Sabine Reinhard
Biljana Srbljanović
Jelena Sredic
Alexander Stillmark
Kathrin Tiedemann
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