
Heft 09/1947
Volksbühne
Broschur mit 40 Seiten, Format: 210 x 290 mm
ISSN 0040-5418
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"Zwischen den konkurrierenden Organisationen gab es erklärlicherweise mancherorts lebhafte Auseinandersetzungen. Meist nahmen sie ihren Beginn von Vorstößen der gegnerischen Organisation, die die Behauptung aufstellte, die Volksbühne und der ihinter ihr stehende Verband seien sozialdemokratisch, wenn nicht gar kommunistisch. Es ist erstaunlich, mit welcher Regelmäßigkeit und Zähigkeit dies immer wieder erklärt wird, selbst in Orten, wo die leitenden Instanzen mehr Vertreter bürgerlicher Parteien als der Sozialdemokratie aufweisen."
Diese Sätze sind dem Geschäftsbericht 1926/27 der Volksbühne entnommen, für den, wenn wir nicht sehr irren, Herr Dr. Nestriepke verantwortlich zeichnete. Sie haben eine verblüffende Aktualität. Man braucht, um zu erkennen, auf welch verhängnisvollem Wege wir uns heute, 1947, wiederum befinden, statt Sozialdemokratische und Kommunistische lediglich Sozialistische Einheitsparteizu setzen, und alles trifft wörtlich so zu wie vor 20 Jahren. Nur daß diesmal Herr Dr. Nestriepke zu denen gehört, die derartige leicht widerlegbare Behauptungen in die Welt setzen. Denn der Vorbereitende Ausschuß der Berliner Volksbühne, die gespalten wurde, bevor sie das Licht der Öffentlichkeit erblickte, setzte sich zusammen aus sechs Mitgliedern der SPD, vier der CDU, vier der SED und fünf Parteilosen. Der Vorsitzende war Prof. E. Redslob, Lizenzträger des "Tagesspiegel" , sein Stellvertreter Prof. Tiburtius von der CDU. Von den drei Lizenzträgern der Volksbühne, den Herren Karl Heinz Martin, Dr. Heinz W. Litten und Direktor Lindemann, gehört unseres (ziemlich guten) Wissens lediglich der letzte der SED an. Daß in dem genannten Ausschuß noch Persönlichkeiten wie Carl Linfert ("Kurier") und Frau Hilde Körber (CDU) saßen, vervollständigt das Bild und unterstreicht die beschämende Aktualität unseres einleitenden Zitats.
Aber die Spalter haben, im Gegensatz zu damals, Erfolg gehabt. Einen Erfolg, auf den sie als Deutsche, so meinen wir, wenig stolz sein können. Es gibt schon wieder zwei "konkurrierende Organisationen", und wenn, was es mit allen Mitteln zu vermeiden gilt, die Entwicklung so weitergeht, werden wir demnächst statt einer einheitlichen deutschen Volksbühne, der einzig tragfähigen Grundlage eines künftigen deutschen Nationaltheaters, das diesen Namen verdienen würde, zwei, drei oder gar vier "Sektoren"- und schließlich ein Bäckerdutzend "Zonen"-Volksbühnen, womöglich in jedem Ländle eine "eigene", haben.
Wir fühlen uns verpflichtet, hier festzuhalten, daß von keiner Seite die Behauptung - ein Beweis wurde gar nicht erst versucht - aufrechterhalten werden konnte, daß im Vorbereitenden Ausschuß der Berliner Volksbühne irgendeine Gruppe parteipolitisch aufgetreten sei. Diese Behauptung tauchte erst nach der Spaltung auf, sozusagen als Rechtfertigung. Aber eine derartige Darstellung in einigen Berliner Zeitungen, insbesondere im "Sozialdemokrat" und "Telegraf", wurde - das sei der Objektivität halber festgestellt - von Prof. Tiburtius öffentlich für unzutreffend erklärt. [...].
Aus Fritz Erpenbeck: Volksbühne, S. 1
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