
Heft 01/1982
Historizität plus Aktualität
Zur Interpretation von Dramen der Vergangenheit
Broschur mit 96 Seiten, Format: 200 x 290 mm
ISSN 0040-5418
Die Forderung, bei der Aneignung literarischer Werke der Vergangenheit »Historizität« und »Aktualität« in Übereinstimmung zu bringen, wird bei kunsttheoretischen Debatten seit langem erhoben. Sie hat aber auf den Bühnen der DDR (und auch sonst) nicht allzuviel bewirkt. Das kann eigentlich nicht verwundern. Denn die begriffliche Gegenüberstellung und Verbindung von »Historizität« und »Aktualität« vereinfacht ein kompliziertes Bedingungsgefüge zu einer schlichten Formel, mit der sich zwar leicht argumentieren läßt, die aber nicht viel erhellt, insofern auch ideell zu wenig verpflichtet und daher dem Mißbrauch der Begriffsäquilibristik ausgesetzt ist. Dabei rührt die Begriffspaarung an Grundprobleme der künstlerischen Praxis, die sachlich bewältigt werden müssen. Dafür scheint es zunächst nötig, das Problemfeld übersichtlich zu machen, was heißt, weit auszuholen.
1.
Während unseres Jahrhunderts hat die fortschreitende Bühnenkunst das Bildungstheater so weit hintersichgelassen, daß dessen Sterilität (Theater als »Mausoleum für Literatur«) unübersehbar geworden ist und die Auffassung Allgemeingut werden konnte, die Theateraufführung stelle ein selbständiges, eigenes, für sich zu bewertendes Kunstwerk dar. Für deren Rang können also nur Kriterien maßgebend sein, die ihr selbst entnommen sind. Das wäre vor allem die Kraft, mit der sie ihr Publikum zu Beteiligten, Mitspielenden macht. Dafür sind drei Faktoren ausschlaggebend: die Stärke der eingesetzten Mittel (ihre sinnliche Prägnanz, ihr Überraschungseffekt, ihre Dekodierbarkeit, ihre Zweckmäßigkeit) die stimmige Organisiertheit dieser Mittel zu einer Gesamtstrategie der Aufführung und last not least deren sozialer Gehalt (die Beziehung zu den sozialen Interessen des Publikums, die Produktivität der sich in der Aufführung realisierenden Stellungnahme, das ideelle Niveau der künstlerischen Argumentation, gemessen an dem durch den Geschichtsverlauf objektiv vorgegebenen Standard). Das heißt also: Aktualität - in einem weiten Sinne begriffen - ist eine Wirkungsbedingung jeder theatralischen Darstellung.
2.
Das Wissen um die Eigenständigkeit des Kunstwerks Theateraufführung entzog der Praxis, Theater vor allem als Erfüllungsgehilfen von Literatur zu behandeln, endgültig den theoretischen Boden, hat aber auch Neigungen begünstigt, die Bedeutung des Kunstwerks Dichtung für das Kunstwerk Theateraufführung zu vernachlässigen. Dabei sei von vornherein zugestanden: Die selbständige Einstellung der Theaterkünstler zum literarischen Text ist nicht nur eine Bedingung für theatralische Leistungen, sondern zugleich ein eminent wichtiger Faktor für die Aneignung von Literatur. Sie hat in unserem Lande viel dazu beigetragen, daß die Lebendigkeit der Dichtungen Shakespeares, Lessings, Schillers u. v. a. neu herausgearbeitet und einem breiteren Kreis von Literatur- und Theaterliebhabern zum Erlebnis gemacht wurde. Nicht in der Selbständigkeit der Aneignung liegt also das Problem, sondern in der - an vielen Inszenierungen ablesbaren - Skepsis gegenüber der ideellen Leistungsfähigkeit dichterischer Modelle aus der Vergangenheit. Sie äußert sich verschieden: in Veränderungen der Textstruktur; in Spielweisen, die den textgegebenen Interpretationsspielraum dadurch grundlegend verändern, daß sie die Figuren nach den Regeln eines soziologischen Modells laufen lassen, das dem Text ohne Rücksicht auf die Intentionen des Autors und die Wirkungsstrategien der Dichtung untergeschoben ist; im Aufpfropfen fremder, »aktueller« Bedeutungen, Anspielungen, Effekte. [...].
Aus Hans-Georg Werner: Historizität plus Aktualität. Zur Interpretation von Dramen der Vergangenheit (1) [S. 31-32], S. 31.
Artikel | Seite |
---|---|
Artikel | Seite |
Umschau | |
TdZ-Porträt (24): Siegfried Vogelvon Wolfgang Lange | Seite 1 |
Brandenburger Theater... weil wir den Tanz lieben (Ballettstunde). Künstlerische Leitung: Ternenuschka Tornewavon Karin Schmidt-Feister | Seite 1 |
Städtische Bühnen ErfurtRigoletto von Giuseppe Verdi. Regie: Wolfgang Ansel a. G., musikalische Leitung: Ude Nissen, Ausstattung: Siegfried Bach / lnge Laubevon Wolfgang Lange | Seite 2 |
Bühnen der Stadt GeraCarmen von Georges Bizet. Regie: Lothar Arnold, musikalische Leitung: Michael Stolle, Ausstattung: Lothar Göpfert / Renate Heuschkelvon Wolfgang Lange | Seite 2 |
Landesbühnen SachsenWinterschlacht von Johannes R. Becher. Regie: Peter Krüger Ausstattung: Eberhard Söhnel / Eva Christvon Jochen Gleiß | Seite 3 |
Bühnen der Stadt Magdeburg - PodiumbühneFreuds Traumtheorie von Antoni Cwojdzinski. Regie: Karl Schneider, Ausstattung: Günter Altmann / Romi Wallat a. G.von Martin Linzer | Seite 3 |
Theaterpolitik | Seite 4 |
Erkennen und BekennenAbschluß unserer Beitragsfolge »Auf dem Kurs des X. Parteitags«. Hans-Rainer John im Gespräch mit dem Schauspieler Prof. Hans-Peter Minettivon Hans-Rainer John und Hans-Peter Minetti | |
Kolumne | Seite 6 |
Dem Zufall nachhelfenvon Rüdiger Volkmer | |
Wagner | Seite 8 |
»Meistersinger« - meisterlich»Die Meistersinger von Nürnberg« in der Komischen Opervon Dieter Kranz | |
Inszenierung | Seite 10 |
Historisierend»Pique Dame« in der Deutschen Staatsopervon Wolfgang Lange | |
Erstaufführungen | Seite 11 |
Umkehr von Aufwand und WirkungDDR-Erstaufführungen im Berliner Metropol-Theater: »Ein Mittsommernachtstraum« und »Heute abend: Lola Blau«von Dietmar Fritzsche | |
Shakespeare | Seite 13 |
Zwei Leuchtfeuer, gestiegen aus der Asche»Romeo und Julia« von Shakespeare im Theater im Palastvon Eleonore Rebel | |
Inszenierungen | Seite 14 |
Das Stück bewegt das PublikumZu zwei Inszenierungen »Das Nest des Auerhahns« von Viktor Rosow am Maxim Gorki Theater Berlin und in Schwerinvon Ingeborg Pietzsch | |
Uraufführung | |
Esperanza»Der Streit um die Puppe« von Victor Carvajal am Theater der Freundschaft uraufgeführtvon Silvia Brendenal | Seite 17 |
Dominanz des Optischen»Der freundliche Drache« von Inge Borde-Klein am Berliner Puppentheater uraufgeführtvon Ernst-Frieder Kratochwil | Seite 18 |
Szenografie national | Seite 19 |
(8): Silvia Brendenal im Gespräch mit Konstanza Kavrakova-Lorenzvon Silvia Brendenal und Konstanza Kavrakova-Lorenz | |
Theaterpolitik | Seite 24 |
Lebensbedingungen - Bedürfnisstruktur - TheaterbesuchZu den Wechselwirkungen und Schlußfolgerungenvon Gerhard Meyer | |
Ballett | |
Auf dem Wege seinDie »Dresdner Tage des Tanzes« mit der Premiere »Kontraste III«von Sabine Göpfert | Seite 25 |
Tänzerische ImprovisationGedanken zu einem noch wenig erschlossenen Themavon Harald Wandtke | Seite 26 |
Das ist unsere Palucca!Zum 80. Geburtstag Paluccas: Wirkung ihres Unterrichtsvon Regina Schettler | Seite 28 |
Berauscht von tänzerischer BewegungZum DDR-Gastspiel der Lar Lubovitch Dance Companyvon Volkmar Draeger | Seite 30 |
Dramen der Vergangenheit | Seite 31 |
Historizität plus AktualitätZur Interpretation von Dramen der Vergangenheit (1)von Hans-Georg Werner | |
Schiller | Seite 33 |
Von Schiller ausgehend - uns angehend?!Zu Aufführungen in Erfurt, Stralsund, Frankfurt (Oder) und Bautzenvon Helmar Schramm, Klaus-Peter Gerhardt und Anneliese Priewe | |
Theaterreport | |
Schauspielkunst - Zentrum der TheaterarbeitVersuch eines Reports vom IX. Weltkongreß der FIRT; Leipzig, September 1981von Manfred Pauli | Seite 37 |
Versuch eines Reports vom IX. Weltkongreß der FIRT, Leipzig, September 1981FIRT, die Weltvereinigung der Theaterwissenschaftler | Seite 38 |
Aus der Grußadresse des Generalsekretärs des iTivon Lars Af Malmborg | Seite 38 |
Schauspielkunst in der InszenierungZu einem Paradox modernen Theaters (Auszug aus dem Referat)von Joachim Fiebach | Seite 38 |
Michael Funke im Gespräch mit Rudraprasad Senguptavon Michael Funke und Rudraprasad Sengupta | Seite 39 |
Umfrage | Seite 41 |
Reserviert für Reserven. Schauspieler-Umfrage (2)Es braucht gute, sehr gute Leistungen (Chr. Leuner); Immer wieder die Verständigung (G. Ebert); Zugehörig, mitverantwortlich! (G. Streichhahn)von Gabriele Streichhahn, Günter Ebert und Christel Leuner | |
Erstaufführung | Seite 43 |
Das Leben der Rachel»La Cubana« von Hans Werner Henze in Rostock - DDR-Erstaufführungvon Wolfgang Lange | |
Oper | Seite 44 |
Händel à la carteZum Exempel: »Agrippina« in Halberstadt, »Ezio« in Radebeul, »Xerxes« in Dresdenvon Matthias Frede | |
Wien | Seite 47 |
Vor 100 Jahren:Der Brand des Wiener Ringtheatersvon Ernst-Otto Hamann | |
Hinter der Bühne | Seite 49 |
Verbündete gefundenHinter der Bühne (31): Renate Tietze, Ballettmeisterin am Theater der Stadt Plauenvon Günther Bellmann | |
Norwegen | |
Thalia im Land der tausend FjordeNorwegen: Theater diesseits und jenseits des Polarkreisesvon Hans-Rainer John | Seite 51 |
»Wenn wir Toten erwachen«Im Nationalteatret Oslovon Rüdiger Bernhardt | Seite 52 |
Zum Stückabdruck | |
Historischer Stoff neu gefaßtDie Metamorphose der »Verkehrten Welt«. Hans-Rainer John befragt den Dramatiker Helmut Bezvon Hans-Rainer John und Helmut Bez | Seite 57 |
Brief des Dramaturgen Peter Reichel an Helmut Bezvon Peter Reichel | Seite 58 |
Stückabdruck | Seite 60 |
Die verkehrte WeltEin historisches Schauspiel in fünf Aufzügen nach Ludwig Tieckvon Helmut Bez | |
TdZ-Informativ | Seite 73 |
II. Werkstatt-Tage des Musiktheaters der DDRvon Wolfgang Lange | |
Solidarität mit KubaAn die Union der Schriftsteller und Künstler Kubas (UNEAC), Havannavon Wolfgang Heinz | |
Inland | |
Werkstatt-Tage der Puppentheatervon Elke Schneider | Seite 74 |
Theatertage für Pädagogenvon Rüdiger Volkmer | Seite 74 |
150 Jahre Meininger Theatervon Hans Melde | Seite 75 |
Regisseure reisten nach Ungarnvon Jochen Gleiß | Seite 75 |
Personelles | Seite 75 |
Inland | Seite 76 |
Seminar für Kinder- und Jugendtheater-Regisseurevon Wolfgang Wöhlert | |
Ausland | Seite 76 |
Felsenstein-Ideen in JapanGespräch mit Hironori Terasakivon Hans-Rainer John und Hironori Terasaki | |
Unterwegs | Seite 76 |
Ausschnitte | Seite 77 |
Erhöhung der Subventionenvon AFP | |
»Theaterbesuch wird Luxus ...«von Helga Radmann | |
Untergang der Armada?von Claus Moser | |
Ausland | Seite 77 |
Briefe | Seite 78 |
An unsere LeserDie Red. | |
Verzögerte Auslieferung von »Theater der Zeit« ...von Kreßler | |
Liebe Kollegen,auf meine Rezension zur Dresdner-Inszenierung der »Vögel« von Hacks reagierend (TdZ 8/81)von Gottfried Fischborn | |
Bücher | Seite 78 |
Christoph Hein: Cromwell und andere StückeAufbau-Verlag, Berlin 1981, 322 S., 8,60 Mvon Hans-Rainer John | |
Ralf Rohmer: Theater als Kommunikationszentrum; Ernst Schumacher: Szenografie in Veränderung - Szenografie der VeränderungMaterial zum Theater Nr. 144, hrsg. v. Theaterverband 1981, 72 S., 2,- Mvon Ingeborg Pietzsch | |
Zur Sprecherziehung für Schauspieler. Beiträge von Klaus Klawitter, Herbert Minnich, Ingeburg Honigmann und Imre MontaghSchriftenreIhe »Material zum Theater« des Theaterverbands, Nr.145, Berlin 1981, 64 S., 3.- Mvon Jochen Gleiß | |
Ur- und Erstaufführungen | Seite 79 |
Ur- und Erstaufführungen der Bübnen der DDR Spieljahr 1981 | |
Neuinszenierungen | Seite 80 |
Neuinszenierungen der Theater im Spieljahr 1982 | |
Spielpläne | Seite 80 |
Vom 16. Januar bis 15. Fabruar 1982 | |
Besetzungen | Seite 82 |
Ur- und Erstaufführungen / Schauspiel / Musiktheater | |
Premierenkalender | Seite 83 |
Vom 16. Januar bis 15. Fabruar 1982 | |
Autoren | Seite 85 |
Impressum | Seite 85 |
Inhalt | Seite 88 |
Jahresinhaltsverzeichnis | Seite 89 |
1981 |
AFP
Günther Bellmann
Rüdiger Bernhardt
Helmut Bez
Silvia Brendenal
Volkmar Draeger
Günter Ebert
Joachim Fiebach
Gottfried Fischborn
Matthias Frede
Dietmar Fritzsche
Michael Funke
Klaus-Peter Gerhardt
Jochen Gleiß
Sabine Göpfert
Ernst-Otto Hamann
Wolfgang Heinz
Hans-Rainer John
Konstanza Kavrakova-Lorenz
Dieter Kranz
Ernst-Frieder Kratochwil
Kreßler
Wolfgang Lange
Christel Leuner
Martin Linzer
Lars Af Malmborg
Hans Melde
Gerhard Meyer
Hans-Peter Minetti
Claus Moser
Manfred Pauli
Ingeborg Pietzsch
Anneliese Priewe
Helga Radmann
Eleonore Rebel
Peter Reichel
Regina Schettler
Karin Schmidt-Feister
Elke Schneider
Helmar Schramm
Rudraprasad Sengupta
Gabriele Streichhahn
Hironori Terasaki
Rüdiger Volkmer
Harald Wandtke
Hans-Georg Werner
Wolfgang Wöhlert
€ 6,99
Zu den Apps
Versandfertig in 1 - 3 Werktagen. Kostenfreier Standardversand innerhalb Deutschlands, zzgl. Versandkosten ins Ausland. Alle Preisangaben inkl. MwSt.
Die elektronische Ausgabe steht direkt nach dem Kauf zur Verfügung. Unsere eMagazine können Sie mit nahezu allen Geräten lesen, da das PDF ein plattformunabhängiges Format ist.
Zeitschrift
Neue Bücher

Volker Pfüller
Volker Pfüller
Bilderlust
€ 25,00

Mark Lammert
Vorzugsausgabe
Rot Gelb Blau - Limitierte Vorzugsausgabe
€ 40,00

Recherchen 151
David Roesner
Theatermusik
Analysen und Gespräche
€ 22,00

Mark Lammert
Rot Gelb Blau
Texte zum Theater
€ 15,00

BIN nicht IM ORKUS
Eine kurze Collage aus einem zerschnittenen Textbuch und sechs abgespielten Figuren
€ 10,00
Jeden Monat die wichtigsten Themen bei Theater der Zeit
Newsletter abonnieren