Die Spielzeit insgesamt konnte sich sehen lassen. Es gab sowohl Triumphe als auch Skandale und stille Freuden. Doch immer stärker bestätigte sich ein Trend, der in den letzten paar Jahren bereits deutlich geworden war: die Höhepunkte der Spielzeit ereignen sich eher am Rande der großen Magistralen, d. h. nicht in den Staatstheatern, sondern in gerade gegründeten Privatbüros und Agenturen, die von reichen Banken unterstützt werden, und die keinerlei Hemmungen haben, berühmte Schauspieler und beliebte Regisseure für Theateraufführungen zu verpflichten.
Gleichzeitig gehen die Studiotheater, deren Aufblühen in die Anfangszeiten der Perestrojka fiel, endgültig zugrunde. Experimentelle Inszenierungen haben momentan in Moskau kaum Chancen, das Licht der Welt zu erblicken. Von allen Moskauer "Labor-Regisseuren" hatten nur zwei in dieser Spielzeit künstlerische Resultate vorzuweisen: Alexej Lewinski, der die Inszenierung "Clowns" im Jermolowa-Zentrum herausbrachte, und Klim (Wladimir Klimenko), der in seinem Kellertheater "Die geliebte Stimme" und "Hamlet" zeigte.
Lewinskis Inszenierung bestand aus zwei Teilen. Im ersten führte man alte Clowns-Nummern und Gags vor. Diese abgedroschenen und deshalb gat nicht komischen Gags wurden mit solchem Ernst gespielt, daß es einem fast schon weh tat zu sehen, wie diese seltsamen Menschen mit der Starrköpfigkeit von Idioten endlos ein und dasselbe fragten, verzweifelt bemüht, einander zu verstehen. Das ist oft so bei Lewinski: das Komische erschreckt einen, und das Traurige erheitert. Den zweiten Akt des Stückes bildete "Carmen". Doch nicht als Opernaufführung, sondern als Inszenierung des Opernlibrettos, die von den ersten Minuten an unglaublich komisch war, als klar wurde, daß der äußerst platte Text des Librettos ohne Musik ziemlich ungenießbar ist. Und dennoch gewann das Clowns-Spiel gegen Ende fast tragische Dimension, als ein aufgedunsener und phlegmatischer José seine Carmen umbrachte. [...].
Aus Nina Goder: Moskau Spielzeit 1993/94, S. 29
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