
Heft 06/2003
edition X
Marquis de Sade in Budapest
Broschur mit 80 Seiten, Format: 215 x 285 mm
ISSN 0040-5418
Und stottern anstatt in Sternen: Huhhhh. Geschafft. - Das Theatertreffen ist rüber über die Bühne. Wurde auch Zeit. Jetzt heißt es wieder Alltag (und Durchatmen, weil das nächste kommt sicher). Es wurde ja spekuliert, woran es lag, dass die meisten Inszenierungen so gar nicht bemerkenswert schienen. Nach dem erschütternden Wiener Auftakt hätte es eigentlich nur besser werden können. Vielleicht war der Schock aber auch einfach zu groß. Bleiben die seriösen Begründungen: Der Sparkurs zeigt Wirkung (klingt gut). Oder (ist argumentativ aber schon spitzfindiger): Es war der Ort, der nicht passen wollte: zu groß, zu viele akustische Löcher. Sozusagen das Monster unter den Theaterhäusern, das die schöne Kunst verschluckte. Da ist was dran. Schließlich, wer kennt es nicht: Die Couch, die eben noch so schön aussah, will in der neuen Wohnung so gar nicht mehr gefallen. Zu klein, zu groß, zu schlicht, zu bunt. In solchen Fällen hilft in der Regel: Zwei Wochen warten (besser drei) und dann vergewissern (wenn man noch dran denkt) , dass man sich längst ans Ganze gewöhnt hat und die Couch wieder ist, was sie immer schon war: schön oder hässlich (wie der gute Geschmack es eben will).
Soviel Zeit ist nicht. Da müsste eine Inszenierung ja nicht nur zwei oder drei Mal laufen, sondern zwei, drei Wochen am Stück. Hochgerechnet auf alle Inszenierungen - das hieße, dass der Spaß ein paar Monate dauern würde (wäre trotzdem ausverkauft). Oder die Stadt würde fur zwei, drei Wochen im theatralen Chaos versinken, da keiner mehr wüsste, wo was wann spielt. 0 la la la la la la. Allein der Gedanke, nicht immer die gleichen Leute zu treffen (auch der Vorverkauf würde endlich Sinn machen). Da bestände sogar die Chance, aus dem zu kleinen oder zu großen Wohnzimmer herauszuschauen. - Wohnzimmerblick! "Ja, ja, ja, ja, der Raum war sehr schwierig." - "Nö, nö, nö, nö, die Schauspieler hatten's wirklich schwer." - "Ja , ja, ja, ja, ich hab auch nichts verstanden, akustisch, weißt du?" - Leute, Leute, Leute, Leute. Es geht hier nicht ums Verstehen. Und wenn wir die Hälfte nicht verstehen oder nur Stottern in den Sternen oder dass gar nichts passiert - was soll's. Hauptsache: Das passiert. Aber wenn Auge, Ohr und Hirn verhungern, was dann? Dann kommt das große Meta-Meta-Nachdenken: die Rolle der Rolle und der Text im Text. Nö, nö, nö, nö.
Oder wie alle (bis auf die zwei großen Ausnahmen) in die große Mottenkiste gegriffen haben: Lessing, Ibsen, Schnitzler. Ja, ja, ja, ja. - ja warum eigentlich? Schreiben Shakespeare und Büchner wirklich noch unsere Texte? Warum eigentlich? Brauchen wir ihre, brauchen wir überhaupt noch Texte im Theater? Ja wozu eigentlich? - Wenn außer Sozialkitsch und Medienkitsch und Meta-Meta-Kitsch nicht viel rauskommt. Dann schon lieber nicht. Oder stottern anstatt in Sternen. - Huhhhh.
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