
Heft 06/2005
double 05
Dramaturgie im Puppen- und Figurentheater
Rückstichheftung mit 40 Seiten, Format: 210 x 280 mm
Dieses Heft ist leider vergriffen und nur noch als PDF erhältlich.
„Eine rein textgemäße oder lineare Dramaturgie gibt es augenblicklich sowohl im Theater als auch im Tanz oft nicht. Dramaturgie heute ist unter anderem: puzzeln, mit Komplexität umgehen lernen. Diese Handhabung der Komplexität erfordert den Einsatz aller Sinne und vor allem: ein großes Vertrauen in die Wege der Intuition.“
(Marianne van Kerkhoven)
„Es fehlt an dramaturgischer Struktur!", rufen Rezensenten, Regisseure und Zuschauer den Figurentheater-Machern zu. Und haben damit häufig Recht. Fast ebenso häufig aber auch nicht. Denn die Diagnose einer schwachen Dramaturgie geht nicht selten von einem Dramaturgie-Begriff aus, der dem Wesen und den strukturellen Gegebenheiten des Figurentheaters nicht gerecht wird. So leiten sich viele dramaturgische Prinzipien aus dem Primat des Textes ab, was in einer bildorientierten und oftmals eher musikalisch-choreographisch aufgebauten Theaterform nur bedingt greift. Auch der Hinweis auf eine fehlende Fabel, auf eine unzureichend kausallogisch organisierte Erzählform, scheint der Intention mancher Figurentheater-Inszenierung diametral entgegenzulaufen. Also: „Ein Lob der offenen Struktur! Es folge, wer folgen kann!" Was aber, wenn die Zuschauer zurück bleiben?
Wenn die einen im Labyrinth einer nach rätselhaften Gesetzen funktionierenden Theaterform herum irren und sich dabei ziemlich verloren vorkommen und andere sich mit optischen Genüssen begnügen oder womöglich schon beim ersten Anblick der unbekannten, verschlungenen Pfade den Rückzug antreten? Wie könnte wohl der Ariadne-Faden aussehen, der die Zuschauer durch dieses Labyrinth geleitet, ohne ihnen die Verantwortung für ihren eigenen Weg zu nehmen? Wenn sich denn eine Dramaturgie des Figuren- und Objekttheaters umreißen ließe, aus einem einzigen Faden würde sie wohl nicht bestehen. So versammelt das vorliegende Heft einige Überlegungen zu diesem Thema, die unterschiedliche Fragestellungen nach dramaturgischen Prämissen des Figurentheaters aufwerfen und dafür individuelle, streitbare Antworten versuchen und die, trotz manchmal gegensätzlicher Perspektiven,deutlich Berührungspunkte aufweisen. So entwickelt der Autor und Regisseur Yves Baudin Thesen zum Verhältnis von dramatischer Struktur und szenischer Komplexität, aus denen er modellhaft eine spezifische Dramaturgie des Figurentheaters abzuleiten sucht. Die Theatermacher Tristan Vogt und Joachim Torbahn wiederum versuchen, dramaturgische Prinzipien aus der praktischen Theaterarbeit heraus zu beschreiben. Dem Phänomen des Erzählers als vermittelnde Instanz ist der Artikel der Theaterwissenschaftlerin Meike Wagner gewidmet, der das Figurentheater als „epische Theaterform" befragt. Mit der Schwierigkeit, eine zutreffende Begrifflichkeit für die Dramaturgie des Bildertheaters zu (er)finden, beschäftigt sich der Artikel des bildenden Künstlers Joachim Fleischer. Und schließlich schildert Bernd Dittrich den Alltag eines Dramaturgen am Puppentheater in Hinblick auf seine genrespezifischen Besonderheiten. Bewusst haben wir in diesem Heft vor allem Theater-Macher zu Wort kommen lassen, um die Entwicklung dramaturgischer Prinzipien stets auf die konkrete Inszenierungspraxis zu beziehen.Viele der formulierten Positionen beleuchten daher einen bestimmten Ausschnitt ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Vielleicht ist aber auch der Dramaturgie des Figurentheaters eher die von Marianne van Kerkhoven als „Puzzle" benannte Struktur zueigen.Und vielleicht ist der Ariadne-Faden ja nicht nur für Dramaturgen und Theatermacher, sondern auch für Zuschauer durch „Vertrauen in die Wege der Intuition" zu finden.
Katja Spiess und Anke Meyer
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Thema | |
GratwanderungenThesen zu einer spezifischen Dramaturgie des Figurentheaters (Aus dem Französischen von Katja Spiess und Maike Wagner)von Yves Baudin | Seite 4 |
„Was ist Geheimnis, und was ist Nebel?“Katja Spiess im Gespräch mit den Nürnberger Figurentheater-Machern Tristan Vogt und Joachim Torbahn über Dramaturgie im Figurentheatervon Katja Spiess, Tristan Vogt und Joachim Torbahn | Seite 8 |
Einsteins Gehirn auf der StraßeEpische Dramaturgie im Puppen-, Figuren- und Objekttheatervon Meike Wagner | Seite 11 |
Was sucht ein Dramaturg am Puppentheater?Ein Praxisberichtvon Bernd Dittrich | Seite 14 |
Das innere BildIntention und Intuition eines Dramaturgielosenvon Joachim Fleischer | Seite 16 |
Festivals | |
Zwischen den WeltenÜber das 16. Festival International de Teatre Visuel i de Titelles in Barcelonavon Silvia Brendenal | Seite 18 |
Patchwork und CollagenIV. Internationales Festival für Solopuppenspieler in Lodzvon Zuzanna Glowacka | Seite 22 |
Suppe ohne Salz. Über die 16. „Giboulées de la Marionnette“ in StrasbourgGiboulées, Teil 1von Silvia Brendenal | Seite 24 |
Suppe ohne Salz. Über die 16. „Giboulées de la Marionnette“ in StrasbourgGiboulées, Teil 2von Annette Dabs | Seite 25 |
Mondsüchtig„Sommernachtstraum – reorganisiert“ im FITZ! Zentrum für Figurentheater in Stuttgartvon Christoph Lepschy | Seite 27 |
Inszenierungen | |
Struwwel-Werthers Todesspiel„Die Leidens des Jungen Werthers“ am Puppentheater der Stadt Hallevon Hartmut Topf | Seite 28 |
Ein Amerikaner in bulgarischem NebelHERE Arts Center, New York City „Lyubo“ (bulgarisch „luboslovieh” – etwa: „Liebe der Worte“)von Karen Rosenberg | Seite 29 |
Wenn die Satire ein Problem bekommt„Schöne Aussichten“ von Evelyn Arndt im Forum Freies Theater in Düsseldorfvon Anke Meyer | Seite 30 |
Mordsspaß„Macbeth für Anfänger“ von Tristans Kompagnons im Nürnberger Theater der Puppen im Kalivon Katja Spiess | Seite 31 |
Dick, naiv, doch liebesfähigMozarts „Zauberflöte“ als witzige Reality-Show im Puppentheater Dresdenvon Tilo Harder | Seite 32 |
Theaterlaboratorium | |
Ein Haus für Gäste10 Jahre Theater Laboratorium in Oldenburgvon Annette Dabs | Seite 33 |
Der Süden Skandinaviens oder die GebäudeflüstererAnnette Dabs im Gespräch mit Pavel-Möller-Lück, dem Gründer und Leiter des Theater Laboratorium in Oldenburgvon Annette Dabs und Pavel Möller-Lück | Seite 35 |
Buchbesprechung | Seite 36 |
„Pédagogie et Formation“ (Pädagogik und Ausbildung). 2. Band der Reihe „Carnets de la Marionnette“ hrsg. von Themaa / Les Éditions théâtrales, Paris 2004. 208 Seiten. ISBN 2-84260-160-2von Gert Engel | |
Notizen | Seite 37 |
Aktuelle Premieren, Festivals, Tagungen, Werkstätten, Ausstellungen und Publikationen | |
Impressum/Autoren |
Yves Baudin
Silvia Brendenal
Annette Dabs
Bernd Dittrich
Gert Engel
Joachim Fleischer
Zuzanna Glowacka
Tilo Harder
Christoph Lepschy
Anke Meyer
Pavel Möller-Lück
Karen Rosenberg
Katja Spiess
Hartmut Topf
Joachim Torbahn
Tristan Vogt
Meike Wagner
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