20 Jahre Fall der Mauer - Verständigung abgeschlossen? Vom »Hauen und Stechen« ist in den folgenden Artikeln unter anderem die Rede, von Fronten und fehlender gemeinsamer Sprache. Aus subjektiver Perspektive werden einige Beispiele der ersten Annäherungsversuche zwischen der Puppenspielszene in Ost und West geschildert. Während der Arbeit am vorliegenden Heft fiel bezüglich der Artikelauswahl eine Äußerung, die ich schon sehr lange nicht mehr gehört hatte: »Das ist jetzt aber ein bisschen ostlastig, oder?« Ja, das kann man so sehen. Kann man aber auch interessant finden, denn von dem, was in der ehemaligen DDR-Puppentheaterszene existierte, ist wenig geblieben. Und die unterschiedlichen Auffassungen der Protagonisten über Ästhetik, Professionalität und Inhalte lesen sich spannend, schließlich geht es um einen Ausschnitt unseres Lebens. Wir sind die Protagonisten einer historischen Entwicklung, das ist nicht nur ein feierliches Gefühl, es verpflichtet uns auch die Vorgänge zu dokumentieren. Silvia Brendenal konstatiert zum Beispiel, dass es damals im Vergleich zur Schauspielszene »ja auch nur 17 staatlich geförderte Puppentheater« gab. Nur! Das kann man sich doch heute gar nicht mehr vorstellen. Ein Kammertheater Neubrandenburg existiert leider nicht mehr. Von den wenigen Ensembletheatern, die überlebt haben, kämpfen weiterhin manche um ihre Existenz.
Gleichzeitig entstanden natürlich auch neue Projekte und Möglichkeiten, wie etwa die Erfolgsgeschichte der »Schaubude« in Berlin oder zuletzt die Gründung des Westflügels Lindenfels in Leipzig durch die ursprünglich in Stuttgart heimische Gruppe »Wilde & Vogel« zeigen. Die Unterschiede zwischen Puppentheater in Ost und West sind zum Glück nicht gänzlich verblasst. Sie werden zunehmend als ein Gewinn an kultureller Vielfalt gesehen. Und die Zeit, in denen Gremien noch paritätisch mit der gleichen Anteil ostdeutscher wie westdeutscher Vertreter bestückt sein müssen, gehört der Vergangenheit an. Heute bündeln sich die Kräfte aller, auch ehemaliger Kontrahenten, für das gemeinsame Genre, das zwar immer stärker künstlerische Beachtung findet, dem es aber dennoch an allen Ecken und Enden an finanzieller Unterstützung und politischer Aufmerksamkeit mangelt. Aktuell gilt es, sich gemeinsam stark zu machen für den Erhalt des Studiengangs »Figurentheater« an der Stuttgarter Hochschule! In diesem vereinten Deutschland gibt es lediglich zwei Orte, Berlin und Stuttgart, an denen mit deutlich unterschiedlichem Konzept Puppenspieler respektive Figurentheaterspieler ausgebildet werden. Diese Wahlmöglichkeit ist von unschätzbarem Wert für die Studenten, die sich ohne eine professionelle Ausbildung im Wettbewerb mit den internationalen Spielern nicht werden behaupten können! Schon bald wird an diesen Hochschulen eine Generation von Künstlern heranwachsen, die selbstverständlich in Erfurt oder Wolfsburg, Bialystok oder Lyon arbeiten wird, und der es seltsam anmutet, dass Deutschland einmal geteilt war.
Annette Dabs
Für dieses besondere Thema hat die double-Redaktion Annette Dabs gebeten, als Leiterin des Deutschen Forums für Figurentheater und Puppenspielkunst ein Gast-Editorial zum Thema zu schreiben, um unseren Rückblick auf erste Begegnungen von Ost und West einzuleiten - und das »heiße Eisen« für uns aus dem Feuer zu holen. Denn eines wurde bei der Vorarbeit für dieses Heft deutlich: Die künstlerischen Fragen und Themen dieser Zeit sind teilweise auch heute noch aktuell und haben nichts von ihrem Konfliktpotential eingebüßt. Im nächsten Heft soll es Raum für Reaktionen und Meinungen geben - die Diskussion ist noch nicht beendet.
Mascha Erbelding, Katja Spiess, Manfred Wegner
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Ein Modell für ein anderes Theater – Nicht nur für die DDRGespräch mit Silvia Brendenal über künstlerische und politische Tendenzen im Puppentheater der 1980er Jahrevon Katrin Hanczuch | Seite 4 |
Ein neues ForumÜber die Gründung des dfp als gesamtdeutsche Puppen- und Figurentheater-Institution Annette Dabs im Gespräch mit Hartmut Lorenzvon Annette Dabs und Hartmut Lorenz | Seite 8 |
Vom Hauen und StechenDie Synergura im Wirbel der deutsch-deutschen Vereinigung Manfred Wegner im Gespräch mit Lars Frank, Susanne Olbrich und Paul Olbrichvon Manfred Wegner, Lars Frank, Susanne Olbrich und Paul Olbrich | Seite 11 |
Es steht ein Leuchtturm am Prenzlauer BergFünfzehn Jahre SCHAUBUDE BERLINvon Gerd Taube | Seite 16 |
Tagung | Seite 19 |
Alarm in Moskau: Puppen, Kunst und PolitikInternationale Konferenz am 11. und 12. Oktober in Moskauvon Annette Dabs | |
Festival | |
Ein halbes Jahrhundert Champions LeagueDie FIDENA feiert ihr 50-jähriges Bestehenvon Mascha Erbelding | Seite 21 |
GrenzbilderÜber das internationale Festival des Puppen-, Figuren- und Objekttheaters »Dialog der Dinge/Diagonale« der SCHAUBUDE BERLINvon Tim Sandweg und Fabian Bartenschlager | Seite 24 |
Schweizer TheaterfrühlingNeue Tendenzen im Schweizer Figurentheater beim Figura Theaterfestival 2008 in Badenvon Katja Spiess | Seite 26 |
Des Spiegels LeereEin persönlicher Reisebericht vom Potsdamer Festival UNIDRAMvon Michael Isenberg | Seite 28 |
Inszenierungen | |
In 80 Minuten durch Fausts Kopf»Faust spielen« vom Figurentheater Wilde & Vogel und Christoph Bochdansky»Faust spielen« vom Figurentheater Wilde & Vogel und Christoph Bochdanskyvon Tobias Prüwer | Seite 30 |
Anarchie im Schaufenster»Aufstand der Schaufensterpuppen« von Royal de Luxe in Berlinvon Anna Pechtl | Seite 31 |
Tradition und Lebenshunger»Töchter und Dämonen« vom Theater Waidspeicher in Erfurtvon Oliver Kröning | Seite 32 |
Sprachlose Objekte»Mewa«, eine Koproduktion der Kompania Doomsday mit dem Figurentheater Wilde & Vogelvon Torben Ibs | Seite 33 |
Jubiläum | Seite 34 |
Die art des hauses50 Jahre Puppentheater Magdeburgvon Anke Meyer und Silvia Brendenal | |
Buchbesprechung | Seite 36 |
Im Kramladen der LeidenschaftenEin Buch zum 50-jährigen Jubiläum des Puppentheaters Magdeburgvon Manfred Wegner | |
Notizen | Seite 37 |
Impressum | Seite 40 |
Fabian Bartenschlager
Silvia Brendenal
Annette Dabs
Mascha Erbelding
Lars Frank
Katrin Hanczuch
Torben Ibs
Michael Isenberg
Oliver Kröning
Hartmut Lorenz
Anke Meyer
Paul Olbrich
Susanne Olbrich
Anna Pechtl
Tobias Prüwer
Tim Sandweg
Katja Spiess
Gerd Taube
Manfred Wegner
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