
Heft 11/2017
double 36
Posttraumatisches Theater? Trauma, Therapie & Figurentheater
Rückstichheftung mit 56 Seiten, Format: 210 x 280 mm
ISSN 0040-5418
Dieses Heft ist leider vergriffen und nur noch als PDF erhältlich.
Theater und Therapie im 21. Jahrhundert seien wie „distanzierte Geschwister“, so der Theaterwissenschaftler Matthias Warstat. Obwohl viele Theaterprojekte der Avantgarde im 20. Jahrhundert in therapeutischer Absicht auf gesellschaftliche Krisen Bezug genommen hätten, herrsche nach wie vor große Skepsis auf beiden Seiten. Theater und Therapie seien nur in dem Falle „miteinander verträglich“, wenn weder die Autonomie der Kunst noch das Verfahren und das Instrumentarium der Therapie absolut gesetzt würden. In den letzten Jahren lässt sich jedoch eine Annäherung dieser beiden so gern antagonistisch gesehenen Verwandten vor dem Hintergrund individueller wie gesellschaftlicher Krisen ausmachen. Eine Ausdifferenzierung psychosomatischer Krankheitsbilder, ein steigender Bedarf an Therapieangeboten sowie die Notwendigkeit von Trauma-Arbeit angesichts weltweiter Kriegseinsätze und Migrationsbewegungen sind zu verzeichnen. Und auch das Theater bedient sich – in Anbetracht der jüngsten gesellschaftlichen Krisenerscheinungen – diverser Spielarten, die im Gegensatz zum postdramatischen Diktum der „Desorientierung“ und des Widerstands die ästhetische Autonomie in Frage stellen und nach Moral, Engagement und Lösungen suchen. Kann das postdramatische Theater von posttraumatischen Aufarbeitungsformaten lernen?
Der Thementeil dieser double-Ausgabe nimmt verschiedene Spielarten der Annäherung therapeutischer und theatraler Formen im Bereich des zeitgenössischen Puppen-, Figuren- und Objekttheaters in den Blick. Auf ein Interview zu Historie und theatralen Aspekten der Psychotherapie folgen Reflexionen über mögliche Repräsentationsformen von Genoziden und gesellschaftlichen Traumata wie Euthanasie oder Flucht. Einem Einblick in die Praxis des therapeutischen Figurenspiels stehen die Ansätze verschiedener Künstlerinnen und Künstler gegenüber, die Aspekte des Heilens ins Zentrum ihrer Arbeit stellen – von psychomagischen und objektbasierten Heilritualen bis hin zur theatralen Simulation psychischer Krankheitsbilder.
Im zweiten Teil des Heftes unternehmen die Autorinnen und Autoren Ausflüge zu Festivals nach Erlangen, Hamm und Jerusalem und in die französische Figurentheaterszene. Die vorgestellten Inszenierungen geben jeweils auf eigene Weise Einblicke in prekäre, mitunter traumatische Lebensumstände und deren Hintergründe. Darüber hinaus blickt diese Ausgabe zurück auf die Werkschau von Mette Ingvartsen am HAU und die avantgardistischen Marionetten der Künstlerin Sophie Taeuber-Arp, beleuchtet die Debatten am Puppentheater Magdeburg über die kulturpolitische Landschaft in Deutschland und berichtet vom double-Diskurs in Erlangen, der die potenzielle Zeitgenossenschaft der Puppe befragte.
Eine anregende und heilsame Lektüre wünschen
Michael Isenberg, Christina Röfer und Almut Wedekind
SUMMARY
The theme section of this edition of double looks at interfaces between the distantly related disciplines of theatre and therapy. Thoughts on representation forms in figure and object theatre that might be able to deal with genocide and social trauma like euthanasia and flight, are contrasted with a report on the practice of therapeutic puppetry, and approaches taken by a variety of artists who centre their work on aspects of healing. In addition some of the productions reviewed in the magazine give readers insights into precarious and occasionally traumatic living conditions and their backgrounds. Can post-dramatic theatre learn from post-traumatic treatment formats?
Artikel | Seite |
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Artikel | Seite |
Thema | |
Die Entdeckung des SelbstJens Elberfeld und Michael Isenberg im Gespräch über theatrale Aspekte von Therapievon Michael Isenberg und Jens Elberfeld | Seite 7 |
PsychomagieTheater als Anwendungvon Stefanie Oberhoff | Seite 12 |
Tod im LebenTraumatisierungen nach einem Genozid – Gedanken zur Repräsentationvon Seta-E. Guetsoyan | Seite 14 |
Was ist damals hier geschehen?Über heilendes Theater und die Aufarbeitung gesellschaftlicher Traumatavon Crischa Ohler | Seite 17 |
Simulierte PatientenDie Gruppe Einmaliges Gastspiel verhandelt „PSYCHIATRIE!“ und „TRAUMA!“ zwischen Klinik und Theatervon Hagnot Elischka | Seite 20 |
Spielend sich befreienÜber das therapeutische Spielen mit Handpuppenvon Almut Wedekind | Seite 24 |
Der nährende BlickÜber das Maskenspiel mit Geflüchtetenvon Marianne Cornil | Seite 28 |
Dealing with HealingIvo Dimchev im Interview über seine Performance „I-Cure“von Michael Franz Woels | Seite 29 |
Festival | |
Universum der VeränderungenEindrücke vom 20. Internationalen figuren.theater.festival Erlangen/Nürnberg/Fürth/Schwabachvon Katja Spiess und Gertraud Johne | Seite 32 |
Irritationen in JerusalemBlicke auf israelische Produktionen beim internationalen Puppentheaterfestivalvon Anke Meyer | Seite 36 |
Anders hinsehenSchlaglichter auf das hellwach-Festival in Hammvon Christina Röfer | Seite 38 |
Inszenierung | |
Radikaler PerspektivwechselDas Puppentheater Gera zeigt „Verbrechen” nach Ferdinand von Schirachvon Jessica Hölzl | Seite 41 |
Mattos Puppentheater„Matto regiert“ von Dakar Produktion im Theater Stadelhofenvon Mascha Erbelding | Seite 42 |
Broke but not brokenPuppenspiel trifft auf Hip-Hop in „The Broke 'N' Beat Collective“von Christina Röfer | Seite 43 |
Werkschau | Seite 44 |
Kunstvolle Naturschauspiele einer LandschaftschoreografinZur Werkschau von Mette Ingvartsen am HAUvon Annika Gloystein | |
Diskurs | |
Es reicht nicht, immer nur dagegen zu sein!Kulturpolitische Debatten am Puppentheater Magdeburgvon Stephanie Preuß | Seite 46 |
Die Puppe als Zeitgenosse?double-Diskurs zu aktuellen Entwicklungen des Genresvon Franziska Burger | Seite 47 |
Politik | Seite 48 |
Figurentheater in Frankreich: eine Bestandsaufnahmevon Lucile Bodson | |
Forschung | Seite 50 |
Marionetten in Sophie Taeuber-Arps BriefenEinblicke in ein Editionsprojekt an der ZHdKvon Medea Hoch, Walburga Krupp und Sigrid Schade | |
Publikation | Seite 51 |
Zürich hin und zurückDas Museum für Gestaltung Zürich stellt seine Theaterfiguren vorvon Manfred Wegner | |
Notizen & Festivalkalender | Seite 52 |
Impressum | Seite 56 |
Lucile Bodson
Franziska Burger
Marianne Cornil
Jens Elberfeld
Hagnot Elischka
Mascha Erbelding
Annika Gloystein
Seta-E. Guetsoyan
Medea Hoch
Jessica Hölzl
Michael Isenberg
Gertraud Johne
Walburga Krupp
Anke Meyer
Stefanie Oberhoff
Crischa Ohler
Stephanie Preuß
Christina Röfer
Sigrid Schade
Katja Spiess
Almut Wedekind
Manfred Wegner
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