Thema
Umzug als Chance
Überlegungen zur neuen Präsentation der Puppentheatersammlung Dresden
von Kathi Loch
Ende 2022 wird die Puppentheatersammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) ihr neues Domizil in einem ehemaligen Heizkraftwerk in der Dresdner Innenstadt beziehen und voraussichtlich ab Herbst 2023 dort Ausstellungen präsentieren. Dr. Kathi Loch betreut als Projektleiterin alle kreativen, kommunikativen und organisatorischen Prozesse rund um diesen Umzug und fragt, inwiefern der „Neustart“ genutzt werden kann, um vielfältige Barrieren abzubauen.

Die Zukunft verspricht Sichtbarkeit und Zugänglichkeit: In der Südfassade des „Lichtwerks“ im Dresdner Kulturareal „Kraftwerk Mitte“ klafft ein Tor von fast sieben Metern Breite und zehn Metern Höhe, ursprünglich verschlossen durch eine bewegliche Stahlwand. Diese wurde inzwischen herausgefahren und an ihrer Stelle werden bald eine große Glasfront und, auf Straßenniveau, ein Windfang eingebaut. Das Portal am neuen Standort: monumental, transparent, nicht zu übersehen. Das sind also gute Aussichten für eine Sammlung, von der in den letzten Jahren nur Bruchteile der Öffentlichkeit präsentiert werden konnten. Doch ist es mit einer willkommen heißenden Eingangssituation schon getan?
Barrierearmut in Architektur und Ausstellung
Es wäre schön, wenn die Puppentheatersammlung im Kraftwerk Mitte ein inklusiver Ort mit möglichst wenigen Barrieren sein könnte. Aber machen wir uns nichts vor: Barrierefreiheit ist eine Utopie und selbst die Schaffung von Barrierearmut wird für uns Planer*innen, Gestalter*innen, Wissenschaftler*innen und Vermittler*innen eine Herausforderung darstellen, der wir uns aber sehr gern partizipativ mit verschiedenen Zielgruppen stellen werden. Diesbezügliche Überlegungen fangen schon bei der Architektur an, denn ganz ohne Stufen kommt auch das neue Gebäude nicht aus. Raumdramaturgie und Gestaltung müssen also berücksichtigen, dass zwar die meisten Menschen die Ausstellungshalle über Treppen erreichen werden, einige aber an anderer Stelle über einen Aufzug. Immerhin werden im Ergebnis alle Besucher*innen Zugang zu allen öffentlichen Bereichen haben.
Während wir mit den baulichen Gegebenheiten kreativ werden umgehen müssen, ist unser Spielraum bei der Ausstellungsgestaltung natürlich wesentlich größer. Hier kommt es darauf an, etwaige Barrieren schon früh zu antizipieren und zu eliminieren – um hinterher nicht aufwändig nachrüsten zu müssen. Ebenfalls wichtig: In der Planungsphase nicht nur über Menschen mit Behinderungen reden, sondern auch direkt mit ihnen! Auf einige grundlegende Dinge sollten wir allerdings auch von allein kommen: Texte in der Ausstellung beispielsweise müssen kurz und in verständlicher Sprache geschrieben und in großer, kontrastreicher Schrift gesetzt sein. (Das klingt simpel, ist aber keine Selbstverständlichkeit in deutschen Museen!) So gibt es viele Möglichkeiten, Ausstellungen barrierearm zu gestalten. Manche sind gar nicht aufwändig, manche aber eben doch mit Investitionen verbunden. Ressourcenbedingte Priorisierungen werden sich am Ende nicht vermeiden lassen. Das Motto lautet indes: „Inklusion kann überall anfangen, hört aber nie auf. […] Selbst wenn inklusive Prozesse nie wirklich abgeschlossen sind, lohnt sich jeder kleine Schritt.“1 Alles, was geht, hilft also und kommt zudem oft mehr als nur einer Besucher*innengruppe zugute. Verständliche Texte etwa liest jede*r gern. Viele Maßnahmen für Besucher*innen mit Behinderungen stärken zusätzlich das Bewusstsein dafür, dass unterschiedliche Menschen unterschiedliche Zugänge zu den Inhalten einer Ausstellung benötigen. Diversität bekommt damit etwas Selbstverständliches. Das ist zum Beispiel schon jetzt ganz hervorragend im konsequent inklusiven Kinder-Museum des Deutschen Hygiene-Museum Dresden zu beobachten.
Barrierefreie Vermittlung
Auch nach Eröffnung unserer Ausstellungen werden wir kontinuierlich daran weiterarbeiten, Inklusion zu verwirklichen. Zum Glück haben wir dafür Kolleg*innen wie Ramona Nietzold an unserer Seite. In der Abteilung „Bildung und Vermittlung“ der Staatlichen Kunstsammlungen ist sie zuständig für die Koordination von Barrierefreiheit und Inklusion und kümmert sich somit auch um barrierefreie Vermittlungsangebote. Sie weiß genau, wie man auch über die in der Ausstellung schon verwirklichten Maßnahmen hinaus spannende Formate gestalten kann. Taktile Elemente etwa, wie Materialproben und 3D-Pläne, sind sowohl für blinde und sehbehinderte Menschen als auch für solche mit Demenz wichtig. Wenn es nicht möglich ist, sie fest in der Ausstellung zu installieren, können diese Materialien auch als „Special Tools“ in Führungen zum Einsatz kommen. Oder der Multimedia-Guide der SKD: Er kann mit einer Führung in Gebärdensprache oder einer Audio-Führung, die Exponate beschreibt und Hinweise zur Orientierung im Raum gibt, gefüttert werden.