
Heft 03/2007
IXYPSILONZETT 01/2007
Kind, Kunst und Kompetenzen
Rückstichheftung mit 32 Seiten, Format: 210 x 280 mm
Werkstatt klingt nach Arbeit. Und in der Tat ist es unbestreitbar, dass Künstler mit ihren Werken viel Arbeit haben. Weniger augenfällig ist, dass auch die Rezipienten einige Arbeit leisten müssen. Die Auseinandersetzung mit Kunst bedeutet immer auch eine gewisse Anstrengung. Die Werkstatt-Tage der Kinder- und Jugendtheater sind deshalb Arbeitstage. Die 15. Werkstatt-Tage fanden vom 4. bis 8. Oktober 2006 im Theater der jungen Welt in Leipzig statt. Das Leitmotiv lautete: "Vom Leben lerne die Kunst, von der Kunst das Leben". Und darüber handeln auch Beiträge in dieser Ausgabe von IXYPSILONZETT.
Theaterproduktionen zeugen von Kunstfertigkeit, bedürfen aber der rezeptionsästhetischen Kommunikation. Das heißt auch, Erfahrungen sammeln. Es handelt sich dabei um Prozesse des Verstehens, also darum, Unterscheidungen zu treffen, Strukturen zu erfassen, Formen und Inhalte zur Kenntnis zu nehmen. Das macht Arbeit. Zumal uns die Werkstatt-Macher das Machbare in der Theaterkunst als Aufgabe stellen, nämlich den Diskurs aufdie Herstellung zu fokussieren: Ein Treffen der Künste im Theater; Schauspiel. Musik, Szenographie; Bilder, Texte, Zeichen; Film, Tanz, Literatur. Kinder und Jugendliche waren aufgefordert, die Werkstatt-Tage zu nutzen, als Schule des Sehens, in der die Philosophie der Künste und die Kunst der Selbstvers tändigung erarbeitet werden sollten. Denn wie formulierte es schon Kar! Valentin kabarettistisch: "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit."
Die 15. Werkstatt war eine produktive, war eine fruchtbare Arbeit mit erkenntnisreichen Arbeitsergebnissen. Die Theaterkunst hat ihren gesellschaftlichen Auftrag wahrgenommen, vom Leben gelernt und das Leben gelehrt. Eckhard Mittels tädt hat der Podiumsdiskussion" Wie viel Kunst verträgt ein Kind?" beigewohnt und im Anschluss die Referentin, Prof. Dr. Ingrid Hentschel, interviewt. Dr. Manfred Jahnke hat sich in Anbetracht der gezeigten Aufführungen theaterästhetische Gedanken gemacht. Dr. Gerd Taube behauptet schließlich in seinem Zwischenruf, dass Kinder- und Jugendtheater Kulturelle Bildung sei und fordert eine "Liaison von Zuschaukunst und kreativer Theaterpädagogik".
Fünfundzwanzig Jahre nach der ersten Rezeption des kulturpolitischen Klassikers "Kultur für alle" des Frankfurter Hilmar Hoffmann ist Kulturelle Bildung als Gegenstand der gesellschaftspolitischen Debatte wieder entdeckt. Die Kulturpolitische Gesellschaft hat hierzu Überlegungen angestellt und plädiert für eine kulturelle Grundversorgung, der Deutsche Kulturrat begleitet seine Konzeption zur Kulturellen Bildung mit einem Grundsatzpapier zur kulturellen Daseinsvorsorge und die Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland" des Deutschen Bundestages macht die Kulturelle Bildung zum Schwerpunktthema. Der Deutsche Bühnenverein hat ein Seminar veranstaltet und aufs einer letzten Jahrestagung in Karlsruhe eine Erklärung verabschiedet, die Dramaturgische Gesellschaft beschäftigte sich auf ihrem Treffen in Heidelberg mit dem Wechselverhältnis von Theater und Bildung und die Kulturstiftung der Länder plant den dritten Fachkongress "Kinder zum Olymp", der in Saarbrücken über die Bühne gehen soll. Die agierenden Kulturverbände und kulturpolitischen Akteure positionieren sich und haben auf theoretischer Ebene zum Teil fundierte Konzepte vorgelegt.
Und auch Politiker führen die Kulturelle Bildung im Munde. Doch Sonntagsreden und Alltagshandeln klaffen eklatant auseinander. Auch wenn immer wieder die
Bedeutung der Kulturellen Bildung hervorgehoben wird, konkrete Folgen für die Praxis bleiben aus. Von Ausnahmen abgesehen scheint es so, dass der Alltag der
meisten Schulen und vieler Kulturinstitutionen noch nicht durch eine verbreitete Praxis Kultureller Bildung bestimmt ist. Musik wird selten gelehrt, Kunst bleibt im pädagogischen Zeichnen und Malen verhaftet, Darstellendes Spiel gibt es meist nur in der Oberstufe in ausgewählten Bundesländern. Von einem Fach Theater sind wir ebenso weit entfernt wie von einer gut funktionierenden Beziehung zwischen schulischem Unterricht und außerschulischen Kulturangeboten. Mit einer Ausnahme: Dem Theater für Kinder und Jugendliche. Und darüber wäre weiter nachzudenken! Hier besteht Handlungsbedarf! Politiker aller Länder sollten die Chance nutzen, Kinder- und Jugendtheater als Ort der Kulturellen Bildung wahrzunehmen.
Wolfgang Schneider
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KIND, KUNST UND KOMPETENZENEin Interview mit Ingrid Hentschelvon Eckhard Mittelstädt und Ingrid Hentschel | Seite 4 |
VOM LEBEN LERNE DIE KUNST, VON DER KUNST DAS LEBENTheaterästhetische Gedanken zu den Werkstatt-Tagen 2006 in Leipzigvon Manfred Jahnke | Seite 10 |
EINE MILLION GESCHICHTENKindertheater in Rumänienvon Manfred Jahnke | Seite 13 |
FÜR EIN NEUES VOLKSTHEATERKindertheater spielen und erlebenvon Christel Hoffmann | Seite 16 |
KÖLNER KINDER- UND JUGENDTHEATERPREIS 2006Für "Rosige Aussichten! vom Theater Monteure - Eine Laudatiovon Thomas Linden | Seite 21 |
KINDER- UND JUGENDTHEATER IST KULTURELLE BILDUNG!Für eine Liaison von Zuschaukunst und kreativer Theaterpädagogikvon Gerd Taube | Seite 23 |
Rezension | Seite 29 |
Unterwegs zu den Orten jenseits des Theaters - "der unsichtbare Zuschauer" von Marcel CremerHerausgegeben vom AGORA Theater, St. Vith, Belgien, 318 S.von Christel Hoffmann | |
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