
Heft 01/2011
IXYPSILONZETT 01/2011
Am Rande der Krise
Rückstichheftung mit 32 Seiten, Format: 210 x 280 mm
Dieses Heft ist leider vergriffen und nur noch als PDF erhältlich.
Die Krise des Theaters ist die Krise der Kommunalfinanzen ist die Krise der Kulturpolitik. Die Gesellschaft hat versäumt, zu sagen, was sie vom Theater erwartet, wie sie seine Rolle definiert und warum es ein Spezialtheater für ein junges Publikum braucht. Anders ist nicht zu erklären, dass in den immer wiederkehrenden Krisenzeiten Kürzungen der Kulturetats anstehen, ohne dass es irgendeine Konzeption gäbe, welches und wie viel Theater die Städte sich leisten wollen.
Das Kinder- und Jugendtheater ist immer noch fünftes Rad am Wagen, auch wenn alle Debatten um kulturelle Bildung dem widersprechen. In der Praxis stehen die Institutionen zur Disposition und die Projektetats werden marginalisiert. Noch haben die Proteste Erfolg, Hamburg darf zunächst sein äußerst erfolgreiches Junges Schauspielhaus weiterentwickeln, Halle hat sich aufgrund der Solidarität der Künstler, die auf 20 % ihres Einkommens verzichten, gehalten, Gera ist über den Berg, aber nach wie vor auf unsicherem Terrain.
Die Situation ist fragil, sie hängt ab von der wirtschaftlichen Entwicklung und von finanzpolitischen Entscheidungen. Das ist allerdings keine Basis für künstlerisches Wirken. Es ist also längst überfällig, die theatrale Grundversorgung zu bestimmen, Standards und Ansprüche zu formulieren, um Theater möglich zu machen. Planungssicherheit ist dabei ein Schlagwort, Strukturreform ein anderes. Denn es wird nicht mehr Geld für die Kultur geben!
Deshalb gilt es, umzuverteilen! Was für ein Theater darf es denn sein? Und wenn es sich an Kinder und Jugendliche wenden soll, wäre zu klären, in welchem Umfang, mit welcher Qualität und mit welcher Nachhaltigkeit. Die Kulturpolitik muss moderieren und mit den Theatern die Landschaft gestalten.
Theater und Schule werden dabei eine zentrale Rolle spielen. Wie schafft es die Gesellschaft, beides nicht nur als Netzwerk zu denken, sondern auch umzusetzen? Gelingt es endlich, Theater als integralen Bestandteil der Curricula in allen Schulstufen zu verankern? Dann wäre es selbstverständlich, dass Theater in der Bildung und als Bildung eine Rolle spielt! Auch hier besteht Reformbedarf. Und man bräuchte das noch nicht einmal in Deutschland erfinden. Noch verharren wir in alten Strukturen aus Zeiten des Fürstenstaates und der Bürgergesellschaft. Mit den gleichen öffentlichen Mitteln, die zur Verfügung stehen – und das sind fast drei Milliarden Euro jährlich –, könnte man mehr Theater für mehr Publikum machen.
Ein kulturpolitisches Instrument harrt der Anwendung: Die Theaterentwicklungsplanung für Stadt und Land, um Kooperationen zu verstetigen, um den Wettbewerb der freien und städtischen Theater auf die künstlerische Innovation zu konzentrieren, um die Verteilungskämpfe mit Kriterien auf eine andere, sinnvollere Ebene zu heben. Dann müsste man nicht alle paar Jahre eine Resolution verfassen und nicht permanent die Politik überzeugen, dass Theater einen gesellschaftlichen Wert hat. Man müsste aber auch die Spreu vom Weizen trennen können. Was nichts ist, muss auch nicht weiterdümpeln.
Der Grundkonsens bei alledem wäre zu bestimmen: Theaterförderung als Risikoprämie, Theatervermittlung als Auftrag, Vielfalt als Prinzip! Am 20. März 2011 ist wieder einmal Welt-Kindertheater-Tag. Die ASSITEJ zelebriert ihre Kunst weltweit in mehr als 80 Ländern. Und dieses Mal auch in Deutschland. Als Aktionstag für eine Reform der Theaterlandschaft, damit Kinder- und Jugendtheater selbstverständlicher Bestandteil unseres Kulturstaates wird. Da geht noch was – in der Kulturpolitik!
Wolfgang Schneider
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Schwerpunkt | |
Am Rande der KriseEinige Kinder- und Jugendtheater in Nordrhein-Westfalen trotzen der kommunalen Finanzkrise, andere sind mittendrinvon Stefan Keim | Seite 4 |
Auf die Rücktritte folgen die KürzungenKinder- und Jugendtheater in Hamburg von Sparmaßnahmen bedrohtvon Dagmar Ellen Fischer | Seite 8 |
Festivalbericht | Seite 10 |
Bilderwelten im Theater der jungen Welt17. Werkstatt-Tage der Kinder- und Jugendtheater in Leipzigvon Steffen Georgi | |
Junge Autoren | Seite 14 |
Ein klassisches Drama?Der Workshop für den Berliner Kindertheaterpreis 2011von Myrta Köhler | |
Weltkongress | Seite 18 |
Vor dem 17. Weltkongress der ASSITEJKünstler, Wissenschaftler und Netzwerker treffen sich im Mai in Kopenhagen und Malmövon Eckhard Mittelstädt und Ivica Simic | |
Spielen was auf dem Herzen liegtEin Porträt des Schauspielers Cédric Pintarellivon Anne Richter | |
Dokumente | |
Choreographie der Demütigung„Die Gitter schweigen“ vom Inszenierungsjugendklub am piccolo Theater Cottbusvon Gerd Taube | Seite 24 |
Keine Schließung des Thalia Theaters Halle!Ein offener Briefvon Wolfgang Schneider und Gerd Taube | Seite 26 |
In den Regionen | Seite 27 |
Kinder- und Jugendtheater in den RegionenKulturpolitik für Kinder in der Praxis befragenvon Meike Fechner | |
Zwischenruf | Seite 28 |
Der Verteilungskampf wird lauterAuch über Theaterschließungen wird wieder spekuliertvon Ronald Meyer-Arlt | |
Rezension | Seite 29 |
Vom Tod erzählen: endlich leben. Maagh, Thomas (Hrsg), Spielplatz 23 - Fünf Theaterstücke über Tod und TeufelVerlag der Autoren, Frankfurt am Main 2010, 192 S., ISBN 978-3-88661-330-4, 15 EURvon Tristan Berger | |
Wissenswert | Seite 30 |
Wissenswert | |
Festivaltermine | Seite 31 |
FestivaltermineKinder- und Jugendtheater-Treffen 2011 |
Tristan Berger
Meike Fechner
Dagmar Ellen Fischer
Steffen Georgi
Stefan Keim
Myrta Köhler
Ronald Meyer-Arlt
Eckhard Mittelstädt
Anne Richter
Wolfgang Schneider
Ivica Simic
Gerd Taube
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