
Arbeitsbuch 28
Luk Perceval
Herausgegeben von Thomas Irmer
Broschur mit 184 Seiten, Format: 215 x 285 mm
ISBN 978-3-95749-190-9, Mit zahlreichen farbigen Abbildungen, Deutsch/Englisch
Luk Perceval hat nach zwanzig Jahren Arbeit im deutschen Theater – von der Berliner Schaubühne über die Münchner Kammerspiele zum Thalia Theater Hamburg – ein großes Kapitel abgeschlossen und mit der Rückkehr nach Belgien zugleich ein neues eröffnet.
Das Arbeitsbuch bilanziert Percevals Theaterarbeit und entwirft mit ihm ein wesentliches Modell der Gegenwart: das Künstlertheater des 21. Jahrhunderts. Langjährige Arbeitspartner wie die Bühnenbildnerinnen Katrin Brack und Annette Kurz und die Perceval eng verbundenen Schauspieler Thomas Thieme und Patrycia Ziółkowska geben dazu Auskunft.
Luk Perceval hat nach zwanzig Jahren Arbeit im deutschen Theater – an der Berliner Schaubühne, den Münchner Kammerspielen und am Thalia Theater in Hamburg – ein großes Kapitel abgeschlossen und mit der Rückkehr nach Belgien, ans NTGent, zugleich ein neues eröffnet. Er, der sich einst vom deutschen Theater angezogen fühlte, hat es nun mit einiger Enttäuschung verlassen. Doch es ist, so scheint es, eine produktive Enttäuschung, die den kritischen Rückblick des großen Regisseurs mit der Suche nach neuen Wegen verbindet, einer Suche nach den Möglichkeiten eines internationalen Theaters für das 21. Jahrhundert.
Diese künstlerische Neuausrichtung ist Anlass für Bilanz und Ausblick: Das vorliegende Arbeitsbuch versammelt ausführliche Gespräche mit dem Regisseur, langjährige Arbeitspartner wie die Bühnenbildnerinnen Katrin Brack und Annette Kurz dokumentieren mit eigens von ihnen ausgesuchten Bildstrecken den Perceval-Kosmos, die Schauspieler Patrycia Ziolkowska, Thomas Thieme und Burghart Klaußner berichten von ihrer Zusammenarbeit mit dem Regisseur, der Pianist Jens Thomas beschreibt seine musikalische Live-Arbeit für drei Perceval-Inszenierungen.
Die Rückkehr nach Belgien ist für den flämischen Regisseur auch mit der Wiederaufnahme eines Themas verbunden, das er als einer der Ersten im Theater aufgriff und das uns nun als eines der wesentlichen Probleme unserer Gegenwart beschäftigt. Die Rede ist von der postkolonialen Aufarbeitung, zu der Belgien mit seiner Geschichte im Kongo Entscheidendes beizutragen hat. Das deutsche Theater wiederum fängt gerade erst an, sich der Kolonialgeschichte anzunehmen. Dass Perceval am neuen Wirkungsort mit seiner Trilogie „The Sorrows of Belgium“ auf einen Intendanten wie Milo Rau trifft, also auf den Aktivisten eines globalen Realismus, ist wohl alles andere als Zufall.
Zudem hat Perceval, dessen Arbeiten von Publikum, Theatermachern und Festivalkuratoren bis hin nach China hoch geschätzt werden, inzwischen auch mehrfach in Sankt Petersburg gearbeitet, wo seine beiden Shakespeare- Adaptionen in einen völlig anderen gesellschaftspolitischen Kontext vorstießen. Die Londoner Theaterwissenschaftlerin Maria Shevtsova erläutert diesen russischen Perceval zwischen Stanislawski und einer in Russland speziellen „Macbeth“-Rezeption. Asja Woloshina befasst sich mit seiner Inszenierung „Romeo & Julia oder Die barmherzige Erde“ für das Baltiski Dom in Sankt Petersburg.
Insofern zeichnen die Beiträge, ausgehend von Belgien und Deutschland, über Afrika und Russland, eine Art Landkarte von Luk Percevals aktueller Theatergeografie. Jede einzelne seiner Inszenierungen vermag, mit dieser Landkarte gelesen, in etwas Größerem aufzugehen: Dazu will das Buch seinen Beitrag leisten.
After twenty years in German theatre – at Berlin’s Schaubühne, the Münchner Kammerspiele and Thalia Theater in Hamburg – Luk Perceval is bringing one major chapter to a close and starting a new one as he returns to Belgium, and to NTGent. Having once felt drawn to German theatre, he now leaves with a measure of disappointment. But it seems like a productive disappointment that links the great director’s critical look back with a search for new pathways, a search for the potential of international theatre in the 21st century.
It is an artistic reorientation that provides an opportunity for review and forecast. This workbook collects extensive interviews with the director, long-term partners like stage designers Katrin Brack and Annette Kurz, documented with their own selection of images representing the Perceval world; the actors Patrycia Ziolkowska, Thomas Thieme and Burghart Klaußner talk about their work with the director; while pianist Jens Thomas describes the live music he provided for three Perceval productions.
For the Flemish director, this return to Belgium also represents a return to a theme that he broached before many in the theatre world but which is now one of the key problems of present-day society – post-colonial reapraisal, an issue to which Belgium has made a decisive contribution in light of its history in the Congo. German theatre, on the other hand, is only just beginning to address the country’s own colonial history. And it is probably no accident that in staging his trilogy “The Sorrows of Belgium” in his new home, Perceval encountered an Artistic Director like Milo Rau – activist of a global realism.
Perceval, whose work is highly valued by audiences, theatre professionals and festival curators as far afield as China, has also worked on multiple occasions in Saint Petersburg, where his Shakespeare adaptations play out in a completely different socio-political context. Londonbased theatre professor Maria Shevtsova explains this Russian Perceval between Stanislavski and a particularly Russian reception for “Macbeth”. Asja Woloshina investigates his production “Romeo & Juliet, or The Merciful Earth” for the Baltic House Theatre in Saint Petersburg.
Together these contributions – starting in Belgium and Germany before proceeding through Africa and Russia – plot a map of Luk Perceval’s current theatrical geography. By reading this map we can see each of his productions as a part of something greater. That’s what this workbook aims to do, too.
Thomas Irmer
Kapitel | Seite |
---|---|
Kapitel | Seite |
Luk Percevalvon Thomas Irmer | Seite 7 |
GESPRÄCHE/INTERVIEWS | |
Die Utopie vom internationalen TheaterLuk Perceval und Milo Rau über ihre Vision eines Theaters für das 21. Jahrhundert im Gespräch mit Thomas Irmervon Thomas Irmer, Luk Perceval und Milo Rau | Seite 14 |
Arbeiten/Productionsvon Luk Perceval | Seite 22 |
The utopia of international theatreLuk Perceval and Milo Rau talk to Thomas Irmer about their vision for theatre in the 21st centuryvon Thomas Irmer, Luk Perceval und Milo Rau | Seite 28 |
Der charmante BetrügerLuk Perceval über seine Idee eines Künstlertheaters im Gespräch mit Thomas Irmervon Thomas Irmer und Luk Perceval | Seite 40 |
The charming swindlerLuk Perceval talks to Thomas Irmer about his conception of an artists‘ theatrevon Thomas Irmer und Luk Perceval | Seite 48 |
Scham und AmbivalenzLuk Perceval über die Kernfragen seiner Amsterdamer Inszenierung von J. M. Coetzees Roman „Schande“ im Gespräch mit Thomas Irmervon Thomas Irmer und Luk Perceval | Seite 60 |
Shame and ambiguityLuk Perceval talks to Thomas Irmer about the core issues in his Amsterdam stage adaptation of J. M. Cotzees’s novel “Disgrace“von Thomas Irmer und Luk Perceval | Seite 63 |
MITSTREITER/COLLABORATORS | |
Die Eroberung des Raumesvon Annette Kurz | Seite 72 |
The conquest of spacevon Annette Kurz | Seite 73 |
Bühnenbilder/Stage designsvon Annette Kurz | Seite 74 |
Der dünne Buddhavon Thomas Thieme | Seite 84 |
The thin Buddhavon Thomas Thieme | Seite 84 |
Wir sind der WindDer norwegische Schriftsteller und Dramatiker Jon Fosse über seine Nähe zu Luk Perceval und seine Rückkehr zum Stückeschreiben im Gespräch mit Thomas Irmervon Thomas Irmer und Jon Fosse | Seite 86 |
We are the windThe Norwegian writer and playwright Jon Fosse about his proximity to Luk Perceval and his return to writing plays, in conversation with Thomas Irmervon Thomas Irmer und Jon Fosse | Seite 89 |
Einfach loslassenZu Luk Percevals Inszenierung „Mut und Gnade“ am Schauspiel Frankfurtvon Marion Tiedtke | Seite 94 |
Just let goOn Luk Perceval’s production of “Grace and Grit“ at Schauspiel Frankfurtvon Marion Tiedtke | Seite 98 |
Aufeinander und miteinander hörenMeine musikalische Arbeit mit Luk Percevalvon Jens Thomas | Seite 104 |
Listening to – an with – each otherMy musical work with Luk Perceval by Jens Thomasvon Jens Thomas | Seite 106 |
Begegnung, Zeit, VertrauenÜber den langen Atem in großen Projekten von Patrycia Ziolkowskavon Patrycia Ziolkowska | Seite 110 |
Encounter, time, trustOn perseverance in large projectsvon Patrycia Ziolkowska | Seite 113 |
Aus dem Steinbruch Neues schaffenBurghart Klaußner über Miniaturen und Reduktion in der Arbeit mit Luk Perceval im Gespräch mit Thomas Irmervon Thomas Irmer und Burghart Klaußner | Seite 118 |
Creating something new from the quarryBurghart Klaußner talks to Thomas Irmer about miniatures and reduction in his work with Luk Percevalvon Thomas Irmer und Burghart Klaußner | Seite 120 |
Realität, Nicht-Realität und die Räume dazwischenKatrin Brack über das Eigenleben ihrer Bühnen und die Zusammenarbeit mit Luk Perceval im Gespräch mit Thomas Irmervon Thomas Irmer und Katrin Brack | Seite 122 |
Reality, Non-Reality and the Spaces in betweenKatrin Brack talks to Thomas Irmer about the internal life of her sets and her collaboration with Luk Percevalvon Thomas Irmer und Katrin Brack | Seite 126 |
Bühnenbilder/Stage designsvon Katrin Brack | Seite 130 |
Belgien/Belgium | |
Der schreiende MenschLuk Perceval zurück in Flandern – mit einer Oper über den Ersten Weltkriegvon Johan Thielemans | Seite 140 |
The screaming manLuk Perceval returns to Flanders – with an opera about the First World Warvon Johan Thielemans | Seite 144 |
Das unendliche Jetztvon Steven Heene | Seite 148 |
The infinite nowvon Steven Heene | Seite 151 |
Arbeiten/Productionsvon Luk Perceval | Seite 154 |
Russland/Russia | |
Die Dunkelheit des HerzensLuk Percevals „Macbeth“ in Sankt Petersburgvon Maria Shevtsova | Seite 160 |
The darkness of the heartLuk Perceval’s “Macbeth“ – Made in Russiavon Maria Shevtsova | Seite 164 |
Anfang und Ende bleiben dort den Menschen DunkelKnietief im Sozialen – der „russische“ Perceval erkundet mit Shakespeare das Territorium der Existenzvon Asja Woloshina | Seite 168 |
Causes and effects get drowned in murky watersKnee-deep in the social – the “Russian” Perceval explores the territory of existence with Shakespearevon Asja Woloshina | Seite 171 |
Werkverzeichnis/List of productions | Seite 174 |
Autorinnen und Autoren/Authors | Seite 180 |
Impressum/Imprint | Seite 184 |
Versandfertig in 1 - 3 Werktagen. Kostenfreier Standardversand innerhalb Deutschlands, zzgl. Versandkosten ins Ausland. Alle Preisangaben inkl. MwSt.
Zum Herausgeber

Thomas Irmer
Weitere Beiträge von Thomas Irmer
Ein letzter Kayser
Anger is an Energy
Jan Klata, Intendant und Regisseur des Narodowy Stary Teatr in Krakau, über die Angriffe auf sein Theater, im Gespräch mit Thomas Irmer
Die Suche nach einem neuen Haus, aufgezeichnet
Der Brand, aufgezeichnet
Recherchen reflektierter Gegenwart
Die Rückkehr des Dokumentartheaters zu anderen Bedingungen
Bibliographie
Beiträge von Thomas Irmer finden Sie in folgenden Publikationen:

Heft 05/2022
Was soll das Theater jetzt tun?
Eine Umfrage


Heft 03/2022
Sterne über der Lausitz
Die Schauspielerinnen Lucie Luise Thiede und Susann Thiede
Jeden Monat die wichtigsten Themen bei Theater der Zeit
Newsletter abonnieren