Alle Welt soll Theater spielen oder Immer dort, wo es schwierig ist
Intendanz am Theater im Pfalzbau 2004 – 2014
Alle Welt rätselte, warum. Hansgünther Heyme entschied sich mit 68 Jahren – in einem Alter, in dem andere sich längst zurückgezogen haben – noch einmal für etwas komplett Neues, für ein „Bespieltheater“. Er, der in Köln, Stuttgart, Essen und Bremen die größeren Bühnentanker der Republik und bis 2003 die Ruhrfestspiele geleitet hat, übernahm 2004 das Theater im Pfalzbau Ludwigshafen – ein reines Gastspielhaus. Mit 1141 Plätzen. Ohne Ensemble, ohne Werkstätten. Ein Theater ohne Theater!

Ende 2014, mit 79 Jahren, am Ende einer elfjährigen Intendanz in Ludwigshafen, legte Heyme dort eine Bilanz vor, die manch andere mit besser ausgestatteten Häusern nicht vorweisen können. Er hat Festspiele ins Leben gerufen, für die er international stilbildende Inszenierungen in die Stadt holte. Er hat vielfältig mit Migranten gearbeitet, die Festwoche Türkei und die ORIENTierungstage begründet, mit griechischstämmigen Bürgern antike Klassiker inszeniert sowie in Koproduktionen mit Theatern in Zagreb und Maribor Aufführungen kroatischer und slowenischer Sprache hierher gebracht. Außerdem hat er es – wie gesagt, ohne eigenes Ensemble – geschafft, das denkbar größte Musiktheaterprojekt, nämlich Wagners Ring, in Ludwigshafen zu realisieren: „für die Menschen der Stadt und mit ihnen“, wie er sagt. Und als Schlusspunkt seiner Intendanz hat er mit rund 70 Laien das Gilgamesch-Epos auf die Bühne gestemmt, eines der ältesten Werke der Weltliteratur, als große, konzertierte Bürgeraktion. Zu Zeiten, da in den Metropolen Debattenbegriffe wie „Stadttheater“, „Bürgerbühne“ und „Migrantenpartizipation“ hoch im Kurs stehen, darf man sagen: Heyme hat vieles davon in Ludwigshafen konkret umgesetzt und zum festen Bestandteil seiner Spielpläne gemacht. „Theater ist demokratische Arbeit“, lautet einer seiner Kernsätze. Und: „Alle Welt soll Theater spielen!“