Theater in Sachsen-Anhalt: Die rot-grüne Koalition in Sachsen-Anhalt jetzt kulturpolitisch da an, wo die schwarzgeibe aufhörte, ein Zeichen von Kontinuität: eine realitätsbezogene Politik der kleinen Schritte, die auf den Erhalt der Standorte orientiert, vorsichtig Prioritäten setzt (Barockmusikpflege, kulturelle Betreuung der Kinder und Jugendlichen, Flächenversorung), aber zwingende Konzepte auch nicht vorweisen kann. Tatsächlich konnten mit dieser Politik Verluste bisher in Grenzen gehalten werden (Schließung von Bernburg, Spartenabbau in Eisleben und Stendal, Umstrukturierung von Zeitz), wurde mit den Bundesmitteln vernünftig umgegangen, schreitet der Wiederaufbau des Großen Haues in der Landeshauptstadt voran. Soweit, so gut.
Die neuen Kulturverantwortlichen des Landes haben in dieser Situation, wo die Bundesmittel ausbleiben werden und die Kassen im Land, in den Städten und Gemeinden noch knapper, zwei Aktivitäten gestartet, die eine scheint vernünftig, die andere scheint überflüssig. Vernünftig scheint die Einberufung einer ständigen Theater- und Orchester-Konferenz als Diskussionsforum und Beratungsgremium, überflüssig scheint die Erarbeitung einer "Studie" über die Theater und Orchester des Landes durch eine Agentur aus Hannover, und das war nicht die erste ihrer Art, Sauser/Umberg waren längst da.
Von diesen Gutachten oder Studien profitieren, das weiß man eigentlich inzwischen, vor alIem deren Verfasser; was in ihnen zutrefend beschrieben wird, wissen alle sowieso, das übrige sind in aller Regel Spekulationen, unzulässige Vergleiche, juristisch wie prakisch undurchführbare Rationalisierungsmaßahmen, schlimmstenfalls Ressentiments.) Die Eröffnungskonferenz fand Ende April in Madgeburg statt, der Minister sagte, was Sache ist, Städte- und Gemeindebund sowie Landkreistag bekannten sich zu ihrer Verantwortung, der Ehrengast August Everding, Präsident des Bühnenvereins, sagte, was er immer sagt, und erhielt viel Beifall. Die Diskussion brachte wenig neue Ansätze, man wiII wissen, wie es weitergeht (vor allem mit dem Geld), aber man läßt offen, wieweit man sich selber engagiert. Wenn bei der Geschichte etwas herauskommen soll, müssen die Nachfolgekonferenzen besser vorbereitet und konkreter in der ThemensteIlung sein, aber das sollen sie ja wohl auch.
Der Minister stellte seine Eröffnungsrede unter das Motto "Es gilt das gesprochene Wort", was sich geschrieben u. a. so liest: " Was geändert werden sollte, was weiterentwickelt werden muß, wie die künftigen Strukturveränderungen aussehen können, das kann nicht verordnet, sondern nur im Dialog von Trägern, von Land und Kommunen, von Theater- und Orchesterleitungen, von Künstlern und anderen Betroffenen vereinbart werden. Die, finanzierte Bedenkzeit' nach dem Einigungsvertrag für die dafür notwendige Willensbildung war zu kurz bemessen. Das Bundesengagement hat in jedem Fall Schlimmes verhindert. Jetzt geht es aber darum, gemeinsam Problemlösungen - ohne einen wesentlichen Bundesfinanzierungsbeitrag - zu erarbeiten. Nicht nur in den neuen Ländern sind wachsende Finanzierungsschwierigkeiten Anlaß und Auslöser für Reformdiskussionen. Die Theater - und Orchesterkonferenz ist der von uns gewählte Weg, die uns - noch - eingeräumte Bedenkzeit auch denkend und handelnd zu nutzen. Die Kulturpolitik der Kommunen und des Landes muß dafür sorgen, den Gestaltungsspielraum zu wahren, wiederherzustellen und zu nutzen."
Der Minister muß natürlich beim Wort genommen werden, aber ohne die kräftige und engagierte Mitarbeit aller seiner potentiellen Partner wird nichts gehen. Peter Sodann, Intendant in Halle, hat selbstverständlich recht, wenn er anmahnt zu überlegen, wie das Theater im Jahr 2010 aussehen würde, wenn es so weiterginge wie bisher, vielleicht hätten wir dann nämlich keins mehr, und darauf besteht, nicht nur über Geld, sondern auch über Inhalte zu reden.
Martin Linzer
"Theater der Zeit" hat auf den Seiten 14 bis 51 versucht, in Reportagen, Gesprächen und Rezensionen, aber ohne den Zwang zu flächendeckender Vollständigkeit, etwas vom Theaterleben in Sachsen-Anhalt einzufangen, in den "Oberzentren" wie in der Fläche, in Oper und Ballett, Schauspiel und Puppentheater. Die Szene ist in Bewegung.
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Inszenierung | Seite 4 |
Gruppenbild mit Hakenkreuz"der unaufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui" in Wien und Berlinvon Ernst Schumacher | |
Gespräch | |
Mich muß man abschaffenEin Entzeitgespräch mit Frank Steckel über Deutschland, Theater, Leben und Todvon Frank-Patrick Steckel und Ulrich Deuter | Seite 8 |
Ich kann gar kein anderes Theater machenEin Gespräch mit Peter Sodann und Martin Linzervon Martin Linzer und Peter Sodann | Seite 14 |
Theater in der Provinz | Seite 16 |
Es lebe die Provinz!Eine Theaterreise von Halberstadt über Eisleben nach Stendalvon Klaus Nothnagel | |
Bericht | Seite 22 |
Das lustigste Theater in EuropaWolfgang Eysolds Zeitzer Reform-Modellvon Alban Rehnitz | |
Theater in der Provinz | Seite 25 |
Der AbstecherkönigSeit 30 Jahren leitet Bläss das Theater in Wittenbergvon Kathrin Tiedemann | |
Gespräch | Seite 28 |
Staatstheater werden?Mit Johannes Felsenstein sprach Matthias Fredevon Matthias Frede | |
Oper | Seite 30 |
Mehr als UnterhaltungOpernszene in Sachsen-Anhaltvon Nora Eckert | |
Oper und Tanz | Seite 36 |
Anhaltinische Tanzimpressionenvon Volkmar Draeger | |
Bericht | Seite 40 |
Und wieder flog der "Torpedokäfer" gegen die WandEin Franz-Jung-Projekt zwischen Tübingen und Magdeburgvon Jörg Mihan | |
Puppentheater | Seite 42 |
Den Menschen besser machenDas konkurrenzlose Puppentheater Naumburgvon Hartmut Mechtel | |
Theaterarbeit | Seite 45 |
RadwechselTheatertage der Länder Sachsen-Anhalt und Brandenburg in Cottbusvon Martin Linzer | |
Gespräch | Seite 48 |
Schloßtheater-TraditionEin Gespräch mit Serge Roon von Kraft-Eike Wredevon Kraft-Eike Wrede | |
Theaterarbeit | Seite 50 |
Das PublikumswunderStaatstheater an der Saar - Ein Haus mit einundneunzig Prozent Auslastungvon Jörg Mihan | |
Brasilien | Seite 52 |
Faust-Haus unterm Kreuz des SüdensDie südbrasilianische Truppe Oi Nóis Aqui Traveiz spielt Goethes "Faust"von Friedrich Dieckmann | |
Gespräch | Seite 57 |
Unter neuem NamenEin gespräch mit Gerd Taube von Barbara Fuchsvon Gerd Taube und Barbara Fuchs | |
Tanz | Seite 62 |
Dance 95Der Körper als Material und Mediumvon Brygida Ochaim | |
Kurzkritiken | |
Remake einer ErinnerungVolksbühne Berlin: "Die Nibelungen" von Friedrich Hebbelvon Stefan Kanis | Seite 64 |
Im Osten nichts NeuesTheater Vorpommern: "Randow" von Christoph Heinvon Frank Sporkmann | Seite 65 |
Zen oder Die Kunst des hohen KlagetonsBrandenburger Theater: "Das Gleichgewicht" von Botho Straußvon Ronald Richter | Seite 66 |
Unversöhnliche WeltenTheaterhaus Jena: "Falle" von Tadeusz Rozewiczvon Frank Quilitzsch | Seite 68 |
Tschechow und weichSchauspiel Düsseldorf: "Der Kirschgarten" von Anton Tschechowvon Ulrich Deuter | Seite 69 |
Solo für eine BestieKampnagel Co-Produktion: Die Kommandeuse" von Gilla Cremervon Petra Stuber | Seite 70 |
Berliner Neuigkeiten für Kinder und junge LeuteInszenierungen im Weiten Theater, bei Grips, Rote Grütze und im carrouselvon Ingeborg Pietzsch | Seite 71 |
Sturm im WasserglasStaatstheater Stuttgart/Kleines Haus: "Harmonie" von Franz Molnárvon Gisela Ullrich | Seite 73 |
Die heiligen drei BlauhelmeLandestheater Tübingen: "Die Schlangenhaut" von Slobodan Snajdervon Tilmann Seidel | Seite 74 |
Keine HeimatTheater Lindenhof, Melchingen: "Nacht oder Tag oder jetzt. Eine Hexengeschichte von der Schwäbischen Alb" von Bernhard Hurm und Uwe Zellmervon Tilmann Seidel | Seite 74 |
Kleinholz statt KahlschlagBurgtheater Wien: "Schlacht um Wien" von Peter Turrinivon Wolfgang Huber-Lang | Seite 76 |
Zeitlose GeschmackssacheStaatstheater Schwerin: "Der blaue Boll" von Ernst Barlachvon Stefan Grund | Seite 76 |
Schwarz gegen WeißAnhaltinisches Theater Dessau: "Lohengrin" von Richard Wagnervon Nora Eckert | Seite 78 |
Die Staatsräson siegtStralsund: "Don Carlo" von Giuseppe Verdivon Nora Eckert | Seite 78 |
WüstenexperimentTheater an der Wien: "Die Wände" von Adriana Hölszkyvon Nora Eckert | Seite 79 |
Ungewohnte Dimension der WahrnehmungHebbel-Theater Berlin: "To Be Sung", Kammeroper nach Gertrude Steinvon Irene Tüngler | Seite 81 |
Wasser und WowismusBremen: "Drei Wasserspiele" von D. Glanert; "Leben mit einem Idioten" von A. Schnittkevon Harald Asel | Seite 81 |
Premierenkalender | Seite 83 |
Juli / August 1995 | |
Stück | |
Lied eines WegesBeim Lesen von Alfred Matuschevon Ulrich Zieger | Seite 84 |
Das Lied meines Wegesvon Alfred Matusche | Seite 87 |
Bücher | |
Juliane Lorenz (Hg.): Das ganz normale Chaos. Gespräche über Rainer Werner Fassbinder. Henschel Verlag Berlin 1995, 446 S.von Bernhard Groß | Seite 94 |
Wer spielte was? Werkstatistik 1993/94 des Deutschen Bühnenvereins, Mykene Verlag Darmstadt 1995von Martin Linzer | Seite 94 |
Alfred Schnittke zum 60. Geburtstag - Eine Festschrift. Internationale Musikverlage Hans Skorski Hamburg 1994von Nora Eckert | Seite 94 |
Matthias Sträßner: Tanz-Meister und Dichter. Literatur-Geschichte(n) im Kreis von Jean Georges Noverre. Henschel Verlag Berlin 1994, 308 S.von Dietmar Fritzsche | Seite 95 |
Magazin | |
Stückemarkt 95von Ronald Richter | Seite 95 |
10 Jahre Theater im Pumpenhaus, Münstervon Jürgen Kehrer | Seite 96 |
Kurzkritiken | Seite 97 |
Internationales Symposium mit Werkstättenvon Ingrid Hentschel | |
Magazin | |
Luxemburg empfing die Europäische Theaterkonventionvon Simone Beck | Seite 98 |
KONTAKT 95von Elke Wiegand | Seite 99 |
Theatertage der Kirche in Dresdenvon Patrick Grommes | Seite 99 |
Kölner Spielartenvon Maria Zagar | Seite 100 |
Mülheim an der Seidenstraßevon Ulrich Deuter | Seite 101 |
Die Theatergruppe TRAUMTANZvon Jörg Mihan | Seite 101 |
Meldungen | Seite 102 |
Kolumne | Seite 103 |
Volltreffer oder Rohrkrepierer?Theatertreffen weiter ohne Konzeptvon Martin Linzer | |
Autoren | Seite 104 |
Impressum | Seite 104 |
Harald Asel
Simone Beck
Ulrich Deuter
Friedrich Dieckmann
Volkmar Draeger
Nora Eckert
Matthias Frede
Dietmar Fritzsche
Barbara Fuchs
Patrick Grommes
Bernhard Groß
Stefan Grund
Ingrid Hentschel
Wolfgang Huber-Lang
Stefan Kanis
Jürgen Kehrer
Martin Linzer
Alfred Matusche
Hartmut Mechtel
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