Wie hat sich in den vergangenen Jahren die ungarische Theaterszene entwickelt? Von außen her war seit der Berufung Attila Vidnyánszkys als Intendant des Nationaltheaters in Budapest eine Fokussierung auf sogenannte nationale Themen zu beobachten. Was genau hat da stattgefunden?
Die meisten Theater in Ungarn werden von Intendanten geleitet, die im Sinne der rechtsnationalen Ideologie arbeiten. Doch mit der Ideologie geht die Essenz der Kunst, ihre Einzigartigkeit und der persönliche Charakter verloren. Noch gibt es einige Ausnahmen, die meisten davon in Budapest, aber eine ideologische Umformung findet definitiv statt.
Was hat diese neue Kulturpolitik bewirkt? Wer hat profitiert, wessen Arbeitsgrundlagen sind beschnitten worden?
Das Theater ist in erster Linie immer für das lokale Publikum gedacht, und die Theater in Ungarn sind voll. Wir können also nicht sagen, dass das System nicht funktioniert. Aber doch gibt es Gewinner und Verlierer, und die größten Verlierer im jetzigen System sind die freien Gruppen. Es gibt ein Produktionshaus und einige weitere Spielorte. Innovation, die unterstützt werden sollte, wird mit Kleingeld gemacht. Die Theaterszene ist unglaublich polarisiert. Eine sehr stressige Situation. Die kunstschaffenden Menschen leiden darunter genauso wie die Kunst selber.
Manche bekannte ungarische Theaterkünstlerinnen und -künstler wie etwa Ihr Kollege Árpád Schilling haben bereits das Land verlassen. Wie sehen Sie Ihre eigene Zukunft? Wo und wie werden Sie produzieren?
Meine eigene Entscheidung ist, zwischen Budapest und Berlin zu pendeln. In Budapest habe ich meine freie Gruppe, das Proton Theater, meine Filmproduktionsfirma Proton Cinema und natürlich meine Wurzeln, aber meistens arbeite ich doch im Ausland. In einer anderen Kultur zu arbeiten, ist immer wieder eine Herausforderung. Mir macht es aber Spaß, Brücken zwischen verschiedenen Kulturen zu bauen. Ich bin also meistens unterwegs. Genau wie das Proton Theater, das nur existiert, wenn es auf Tournee sein kann. Always on the road. Wie lange aber man das aushält, wird uns die Zukunft verraten.
Was kann die Besetzung der Theater- und Filmuniversität bewirken? Was sind Ihre Hoffnungen?
Die an der Macht haben bis jetzt noch nie einen Rückzieher gemacht. Ich bin aber auf der Seite der Studenten. Bin einer von ihnen. Es gibt keine andere Wahl. //