Alle Beiträge von Thomas Irmer
Magazin
IrmerGeorg Seidel: Klartext: Bühne oder Feuer. Szenen, Gedichte, Prosa, Skizzen aus dem Nachlass. Hg. von Kristin Schulz, Quintus Verlag, Berlin, 176 S., 20 EUR.
von Thomas Irmer
Ein neues Stück gehöre entweder auf die Bühne oder ins Feuer. Darüber entscheide einzig dessen Qualität, und falls der schwerfällige Theaterapparat die Ablehnung verfügt, dann bitte schriftlich, „damit die Nachwelt was zu lachen hat“. Der bittere Humor, den Georg Seidel hier an den Tag legt, war typisch für einen DDR-Dramatiker dieser Generation: Man hatte sich auf jahrelange Genehmigungsverfahren einzulassen. Ein nicht unkomisches Ergebnis dieses Prozederes bestand darin, dass Autoren jenseits…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 12/2020
Auftritt
Meininger Staatstheater: „sklaven leben“ von Konstantin Küspert. Regie Juliane Kann, Ausstattung Vinzenz Hegemann
von Thomas Irmer
Vor knapp zwei Jahren kam das Stück „sklaven leben“ des Dramaturgen Konstantin Küspert am Schauspiel Frankfurt zur Uraufführung. Zum richtigen Zeitpunkt, denn die Debatte um Postkolonialismus hatte die deutsche Öffentlichkeit gerade in größerem Umfang erreicht. Küspert verknüpft in seiner geradezu essayistischen Revue dabei nicht nur den historischen Begriff des Sklaven mit der Arbeit in der prekären Dienstleistungswelt heute, sondern arbeitet auch mit der Grundidee, Afrika und Europa, Nord und…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 12/2020
Protagonisten
Eine Entdeckung zum 25. Todestag – Heiner Müllers bislang unveröffentlichtes Drehbuch-Exposé „Myer und sein Mord“ fürs DDR-Fernsehen
von Thomas Irmer
Schon lange, bevor der Sendebetrieb des DDR-Fernsehens am 31. Dezember 1991 eingestellt wurde und die Büros entsprechend dem Einigungsvertrag bereits aufgelöst waren, hatte ein Hefter mit Texten Heiner Müllers das Fernsehzentrum in Berlin Adlershof verlassen. Es handelte sich um 29 nicht datierte und vom Autor nicht gezeichnete Typoskriptseiten, unveröffentlicht und bislang in der umfangreichen Sekundärliteratur zu Heiner Müller nicht behandelt.
Christa Vetter, die den Hefter bewahrte und…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 12/2020
Auftritt
Theater Magdeburg: „Tod der Treuhand“ (UA) von Carolin Millner. Regie Carolin Millner, Ausstattung Maylin Habig
von Thomas Irmer
Magdeburg und die Treuhand, das ist vielleicht ein besonders traumatischer Fall. Mit dem Schwermaschinenbau-Kombinat Ernst Thälmann (SKET) stand eine der größten Firmen am Ende der DDR zur Disposition, mit 30 000 Beschäftigten in 18 Betrieben. Das SKET dürfte auch einer der größten Fische für die zugleich in westdeutschen Maschinenbau-Vorständen tätigen Treuhand-Manager gewesen sein, denn hier ließen sich lästige Konkurrenten abwickeln und zugleich deren lukrative Ost-Europa-Geschäfte…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 11/2020
Magazin
Heiner Müller: Der amerikanische Leviathan. Ein Lexikon. Hg. von Frank Raddatz, Suhrkamp Verlag, Berlin 2020, 341 S., 18 EUR.
von Thomas Irmer
1975 ging Heiner Müller zusammen mit seiner Frau, der bulgarischen Regisseurin Ginka Tscholakowa, als Gastdozent ans Department of Germanic Studies der University of Texas in Austin, einer der größten amerikanischen Universitäten. Empfohlen hatte ihn Günter Kunert, der dort drei Jahre zuvor als erster Autor aus der DDR eingeladen war und über diesen Aufenthalt einen heute noch sehr interessanten Report schrieb, „Der andere Planet“. War für Kunert dieser Amerika-Besuch ein einschneidendes…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 10/2020
Auftritt
Theater und Orchester Neubrandenburg Neustrelitz: „Wohnen. Unter Glas“ von Ewald Palmetshofer. Regie Andreas Kloos, Ausstattung Esther Bätschmann
von Thomas Irmer
Ewald Palmetshofers Komödie über die Not dreier Mittdreißiger – Babsi, Jeani und Max – aus dem Jahr 2008 hat sich im Repertoire der Gegenwartsdramatik etabliert. Vermutlich, weil der Autor, nunmehr mit ganz anderen Themen und Stoffen, mittlerweile zu den wichtigsten deutschsprachigen Dramatikern gehört, ganz sicher aber auch, weil das Stück mit seiner „Stummelsprache“ aus unbeendeten Sätzen einen soziologischen Befund über die behütet Unbehausten vorstellt, der auch für die unmittelbare…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 10/2020
Festivals
Das Kunstfest Weimar bewährt sich als erstes deutsches Großfestival unter Corona-Bedingungen
von Thomas Irmer
Im April, als alle Festivals vom Theatertreffen bis zur Ruhrtriennale abgesagt waren, machten sich der Künstlerische Leiter des Kunstfestes Weimar, Rolf C. Hemke, und sein Team daran, das Programm ihres Mehrspartenfestivals grundlegend neu zu konzipieren. Großveranstaltungen waren aufgrund von Corona auch in Thüringen bis Ende August generell nicht mehr möglich. Aber könnte das Kunstfest nicht mit kleinteiligerem Programm und einem großen Open-Air-Anteil stattfinden? Und wie könnte man auf die…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 10/2020
Magazin
„Audio.Space.Machine – Ein Bauhaus-Konzept-Album“ vom Künstlerduo wittmann/zeitblom erhält den Hörspielpreis der Kriegsblinden 2020
von Thomas Irmer
Zum Jubiläumsjahr 2019 entwickelten die beiden Performance-Künstler und Hörspielmacher Christian Wittmann und Georg Zeitblom eine akustische Aufarbeitung der Bauhaus-Geschichte. Schon der Titel „Audio.Space.Machine – Ein Bauhaus-Konzeptalbum“ (Deutschlandfunk Kultur) verspricht eine Unternehmung abseits der gängigen Feature-Formate oder Hör-Dokus.
Tatsächlich handelt es sich bei dem Projekt, das dieses Jahr mit dem Hörspielpreis der Kriegsblinden ausgezeichnet wurde, um ein hybrides Gebilde:…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 9/2020
Künstlerinsert
Frank Castorf über den im Juni verstorbenen Schauspieler Jürgen Holtz im Gespräch mit Thomas Irmer
von Frank Castorf und Thomas Irmer
Frank Castorf, Brechts Galilei war, im Alter von 86 Jahren, die letzte Rolle von Jürgen Holtz, Premiere im Januar 2019 am Berliner Ensemble in Ihrer Regie. Ein Jahr zuvor eröffnete er mit einem fulminanten Zehn-Minuten-Monolog über die Kloake von Paris Ihre Adaption von Victor Hugos „Les Misérables“ am gleichen Haus. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Er hat mich als alter Mensch interessiert. Und als Schauspieler wegen seiner Unberechenbarkeit. Es war ja bekannt, dass er im Laufe seines…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 9/2020
Dirk Laucke
von Thomas Irmer
aus dem Buch: Stück-Werk 6
Magazin
Jon Fosse: Der andere Name. Heptalogie I–II. Jon Fosse: Kindheitsszenen.
von Thomas Irmer
Mit dem Auftritt Norwegens als Ehrengast der Frankfurter Buchmesse im vergangenen Herbst kehrte auch Jon Fosse als Prosa-Autor nach Deutschland zurück, und zwar ganz groß. „Der andere Name“ sind die ersten beiden Teile einer Heptalogie, die mit ihrer vollständigen Veröffentlichung 1500 Seiten Umfang weit übersteigen dürfte. Die Lektüre der ersten beiden der insgesamt sieben Bände führt in den auch aus seinen rund dreißig Stücken bekannten Fosse-Kosmos im südwestlichen Norwegen, zu den Fjorden…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 5/2020
Magazin
Thomas Pynchons Roman „Die Enden der Parabel“ wird zum 75. Jahrestag des Kriegsendes von Klaus Buhlert als 14-stündiges Hörspiel adaptiert
von Thomas Irmer
Es ist fast ein Wunder, dass Thomas Pynchon die Genehmigung erteilte, seinen 1973 erschienenen Roman „Die Enden der Parabel“ über das chaotische Finale des Zweiten Weltkriegs, bei dem die V2-Rakete eine besondere Rolle spielte, für ein monumentales Hörspiel bearbeiten zu dürfen. Bislang wurden alle Gesuche für Adaptionen abgelehnt – oder auf Pynchon-typische Weise verulkt. Als Laurie Anderson das im amerikanischen Original 760-Seiten-Buch für ihre Art von Musiktheater verarbeiten wollte,…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 5/2020
Thema
Die russische Erstaufführung von Heiner Müllers „Mauser“ in der Regie von Theodoros Terzopoulos in Sankt Petersburg kurz vor dem Shutdown
von Thomas Irmer
Was ist der Mensch, was ist ein Virus? In „Krieg der Viren“, einer von Heiner Müller zunächst für das späte Stück „Germania 3“ vorgesehenen, dann aber doch nicht berücksichtigten Szene, fragt ein Autor den Regisseur: „Krieg der Viren. Wie beschreibt man das.“ Und fährt fort: „Gott ist vielleicht ein Virus / Der uns bewohnt.“ Etwas einfacher, aber umso eindrücklicher notierte Müller: „Was der Planet für uns ist, das sind wir / für Viren und Bakterien“. Wer bewohnt eigentlich wen, das ist die…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 5/2020
Auftritt
Theater Naumburg: „Das Maß der Dinge“ von Neil LaBute. Regie Stefan Neugebauer, Ausstattung Rainer Holzapfel
von Thomas Irmer
In einem amerikanischen College-Städtchen trifft die selbstbewusste Kunststudentin Evelyn auf den verdrucksten, schlecht gekleideten und außerdem auch finanziell geplagten Adam, Aufsichtskraft in einer Kunstausstellung. Die beiden kommen trotzdem zusammen, und aus Adam wird dank Fitness, neuer Klamotten samt Kontaktlinsen und einer Nasen-Schönheits-OP ein adretter junger Mann. Der gemeine Clou am Ende: Das Ganze stellt sich als Kunstprojekt Evelyns heraus – die Erschaffung eines neuen Adams als…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 4/2020
Gespräch
von Thomas Irmer und Peter Luppa
Herr Luppa, Sie sind vermutlich der dienstälteste kleinwüchsige Schauspieler im deutschen Stadttheater. Wie kamen Sie zur Bühne?
Ich war Zahntechniker und dachte mir, es gibt einen höheren Grund, warum ich als kleiner Mann auf die Welt kam. Petrus hätte mir eine Aufgabe gegeben, die ich aber erst finden müsse. Als Kind hatte ich mir vorgestellt, dass Gott die Kinder zusammenbaut, aber auch manchmal gern feiert – sodass auch mal was schiefgeht, ein Arm zu wenig oder wie bei mir das Ganze zu…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 3/2020
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