Alle Beiträge von Otto Paul Burkhardt
Auftritt
Landestheater Tübingen: „Im Thurm“ von Markus Höring (UA). Musikalische Leitung Philipp Amelung. Regie Thorsten Weckherlin, Bühne Martin Fuchs, Kostüme Bernadette Weber
von Otto Paul Burkhardt
Feuerkopf, Zweifler, Wanderer, Hymniker, Sprachschöpfer, sanfter Rebell – irgendwo dazwischen liegt das, was wir Friedrich Hölderlin nennen. Ganz groß sollte 2020 sein 250. Geburtstag gefeiert werden, mit allem Drum und Dran, mit „Pallaksch“-Nächten und Hölderlin-App, mit Schlagzeilen wie „Radikal, genial, geisteskrank“. Die Vita des Dichters, der mit Hegel und Schelling eine WG des wilden Denkens bildete und dann 36 Jahre „geistig umnachtet“, wie es damals hieß, in jenem Tübinger Turm am…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 4/2022
Auftritt
Schauspiel: „Verbrennungen“ von Wajdi Mouawad. Regie Burkhard C. Kosminski, Bühne Florian Etti, Kostüme Ute Lindenberg
von Otto Paul Burkhardt
Es gibt eine ganze Reihe möglicher Gründe für das anhaltende Interesse auch deutschsprachiger Bühnen an Wajdi Mouawad, dessen Erstaufführungen hier, etwa „Verbrennungen“ (2006) und „Vögel“ (2018), jeweils eine Nachspielwelle von Berlin bis zur Wiener Burg auslösten. Da wäre zunächst der 1968 geborene, aus einer maronitischen Familie stammende Autor selbst, dessen Leben und Schaffen – Kindheit im Libanon, 1976 Flucht vor dem Bürgerkrieg nach Frankreich und Kanada – von den Nahost-Konflikten…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 3/2022
Auftritt
Schauspiel Suttgart: „Am Ende Licht“ von Simon Stephens. Regie Elmar Goerden, Bühne Silvia Merlo & Ulf Stengl, Kostüme Lydia Kirchleitner
von Otto Paul Burkhardt
Das alles passiert am 6. Februar 2017, fern der Metropole London in fünf nordenglischen Städten: Die alkoholkranke Christine stirbt in Stockport beim Wodkakauf, ihr Mann geht derweil in Doncaster fremd. Auch die drei erwachsenen Kinder kämpfen mit Problemen: Tochter Jess wacht in Blackpool nach durchzechter Nacht neben einem Fremden auf, ihre Schwester Ashe jagt in Ulverston ihren Junkie-Freund zum Teufel, und ihr Bruder Steven nervt in Durham seinen Lover mit nagenden Zweifeln. So lässt der…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 1/2022
Magazin
Der erstmals vom Schauspiel Stuttgart verliehene Europäische Dramatiker:innen- Preis geht an Wajdi Mouawad
von Otto Paul Burkhardt
Als er vom Preis erfuhr, dachte er: „Die haben sich geirrt!“ Nein, haben sie nicht. Bereits im Juli 2020 war klar, dass der erstmals vergebene Europäische Dramatiker:innen-Preis an Wajdi Mouawad geht. Doch erst jetzt, im Oktober 2021, konnte covidbedingt die Verleihung der Auszeichnung, vom Kunstministerium Baden-Württemberg mit 75 000 Euro gefördert, im Schauspiel Stuttgart über die Bühne gehen. Und zwar nicht nur mit preisenden Reden. Sondern als Wochenend-Festival mit Aufführungen,…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 11/2021
Auftritt
Schauspiel Stuttgart: „Ökozid“ von Andres Veiel und Jutta Doberstein. Regie: Burkhard C. Kosminski, Bühne: Florian Etti, Kostüme: Ute Lindenberg
von Otto Paul Burkhardt
Beim Einlass werden Ohrstöpsel gereicht – es sei mit „lauten Geräuschen“ zu rechnen. Tatsächlich, gegen Ende des Abends prasseln plötzlich Hunderte Plastikflaschen vom Schnürboden auf die Bühne. Ja, auch Theater kann auf spektakulär machen. Zum Saisonstart in Stuttgart ging es nämlich darum, Andres Veiels im November 2020 zur ARD-Prime-Time gesendeten TV-Streifen „Ökozid“, der die deutsche Klimapolitik im Jahr 2034 vor dem Internationalen Gerichtshof anklagen lässt, aufs Theater zu…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 11/2021
Festivals
Die Salzburger Festspiele graben mit „Das Bergwerk zu Falun“ in der Regie von Jossi Wieler ein Frühwerk Hugo von Hofmannsthals wieder aus
von Otto Paul Burkhardt
Ein Grabstein auf dem Kirchhof im schwedischen Falun kündet noch heute davon: Um 1677 verschwand ein junger Bergmann vor seiner Hochzeit auf mysteriöse Weise. Erst 1719 wurde sein durch Kupfervitriol konservierter Leichnam im Bergwerk entdeckt und von seiner mittlerweile ergrauten Braut identifiziert. Was wie ein Schauermärchen klingt, ist eine wahre Begebenheit, noch dazu mit Tiefgangpotenzial, was denn auch eine ganze Reihe von Autoren inspirierte: Johann Peter Hebel, E. T. A. Hoffmann, Georg…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 9/2021
Magazin
Fünfzig Jahre Leben im Theater – Friedrich Schirmers Aufbruch und Rückkehr
von Otto Paul Burkhardt
Alles begann in Castrop-Rauxel. Am 1. August 1970 startete dort das Theaterleben des Friedrich Schirmer – zunächst als Hospitant, aber bald schon als Dramaturg. Früh geprägt wurde er von Schauspielerinnen und Schauspielern wie Angela Winkler (die ihn „Friedel“ nannte) oder Günter Strack (der ihm eine Zukunft als Theaterchef voraussagte).
Der Kollege behielt recht: 1985 übernahm Schirmer tatsächlich seine erste Intendanz, und mittlerweile sind es fünfzig Jahre, die er am Theater verbracht hat…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 9/2020
Auftritt
Schauspiel Stuttgart: „Weltwärts“ von Noah Haidle (UA). Regie Burkhard C. Kosminski, Bühne Florian Etti, Kostüme Lydia Kirchleitner
von Otto Paul Burkhardt
Gibt es einen guten Tod? Anna leidet an einer unheilbaren Motoneuron-Krankheit und will aus dem Leben scheiden. Alles ist vorbereitet, der begleitete Suizid soll als Gartenparty mit Freunden gefeiert werden. Was letzte Worte betrifft, wird Anna von ihrer siebenjährigen, superaltklugen Tochter Rose gecoacht – wie wär’s mit „Bis später“? Auch Dorothy, Annas Mutter, Geburts- und Sterbehelferin zugleich, hat elegante Profirhetorik parat, will „den Tod choreografieren“. Anna sieht es so: „Das hier…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 4/2020
Look Out
Die Schauspielerin Amina Merai riskierte den Sprung von Berlin nach Stuttgart – und findet das immer noch richtig
von Otto Paul Burkhardt
Ihre erste Rolle in Stuttgart, das war Wahida, eine New Yorker Studentin mit arabischen Wurzeln, die sich in ihren jüdischen Kommilitonen Eitan verknallt. Für die Schauspielerin Amina Merai war das eine Riesenherausforderung – aus dem Stand eine der Hauptfiguren in Wajdi Mouawads west-östlichem Familienepos „Vögel“ zu verkörpern, das obendrein den Stuttgarter Neubeginn des Intendanten Burkhard C. Kosminski 2018 markierte. Viel Text, lange Monologe, in mehreren Sprachen. Für Merai heikel zu…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 12/2019
Gespräch
von Otto Paul Burkhardt und Tobias Rehberger
Herr Rehberger, in der Nähe der Baugrube zum neuen Stuttgarter Tiefbahnhof haben Sie eine weitere Grube aufgebaut, eine begehbare Installation, die „Probegrube“ heißt. Anstelle der Gleiswüste soll nämlich ein neues Stadtviertel entstehen. Ist Ihre Skulptur ein offenes Architekturmodell für dieses geplante Quartier?Das könnte man so sagen. Sie ist aber auch noch ein paar andere Dinge.
Dann spekuliere ich mal: Ihre „Probegrube“ ist erlebbar als abgetreppte Landschaft aus schwarzen Klötzen und…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 6/2019
Auftritt
Staatstheater Stuttgart: „Die Sieben Todsünden / Seven Heavenly Sins“ von Kurt Weill / Bertolt Brecht und Peaches. Regie Anna-Sophie Mahler
von Otto Paul Burkhardt
„Fuck the Pain Away!“ Zu diesem Song der kanadischen Elektroclash-Performerin Peaches soll angeblich Madonna ihr Fitness-Training absolviert haben. Derzeit donnert er, live skandiert von Peaches herself, in einer Produktion der Stuttgarter Staatstheater von der Bühne. Und zwar in „Die Sieben Todsünden / Seven Heavenly Sins“, einem Dreisparten-Projekt von Oper, Ballett und Schauspiel. Hochkulturferne Profis wie Peaches, die seit Jahren mit queeren Songs wie „Fatherfucker“ gegen Rollenzwänge…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 4/2019
Auftritt
Nomad Theatre Ensemble / Theaterhaus Stuttgart: „Das fahle Pferd – Roman eines Terroristen“ (UA) von Boris Sawinkow. Regie Daniel Klumpp, Ausstattung Gesine Mahr
von Otto Paul Burkhardt
Er war Russlands Top-Terrorist und zugleich Romanautor. „Ein Henker, aber nicht ohne Lyrismus“, schrieb Gorki über ihn. Selbst Lenin hatte Respekt vor seiner „Wahrhaftigkeit“. Die Rede ist von Boris Sawinkow (1879 –1925), einem russischen Sozialrevolutionär, der an etlichen Attentaten auf das zaristische Gewaltregime maßgeblich beteiligt war. 1917, nach der Februarrevolution, wurde er Vizekriegsminister in der Kerenski-Regierung. Nach der Oktoberrevolution kämpfte er aber – als Anhänger der…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 1/2019
Protagonisten
Burkhard C. Kosminski zeigt bei seinem Start am Schauspiel Stuttgart ambitioniertes Autorentheater, aber auch markante Regiehandschriften
von Otto Paul Burkhardt
Die Stimmung in Stuttgart? Schwierig. Das Herz der Stadt ist wegen des Tiefbahnhofprojekts auf Jahre hinaus eine Riesenbaustelle, und bei der Feinstaubbelastung rangiert der Stuttgarter Kessel unter den Top Ten bundesweit. Kulturell? Die Suche nach einem Interimsstandort für die Oper, die für derzeit geschätzte fünfhundert Millionen Euro saniert werden muss, zieht sich. Da ist es verständlich, dass die momentane Aufbruchsstimmung bei drei Neustarts – Viktor Schoner (Oper), Tamas Detrich…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 1/2019
Neustarts
Neustart am Nationaltheater Mannheim – Intendant Christian Holtzhauer stellt mit Schiller und Bärfuss deutsche Mythen auf den Prüfstand
von Otto Paul Burkhardt
Ein Forschertrupp, der aus dem Nebel kommt. Sieben Archäologen aus der Zeit nach der „Großen Einsicht“, einer Zukunftsära, in der nur noch Freundschaft und Wohlwollen herrschen, unternehmen eine Expeditionsreise in die Vergangenheit. Stolpern durch eine deutsche Trümmerlandschaft. Suchen in den Ruinen nach Spuren einer früheren Zeit, nach Funden, die „vom falschen Denken einer primitiven Kultur“ künden. Entdecken den Bonner Kanzlerbungalow und werden alsbald von den Dämonen dieser Epoche…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 11/2018
Festivals
Bettina Hering bringt mit Castorfs „Hunger“ und Rasches „Die Perser“ wieder Bewegung in die Schauspielsparte der Salzburger Festspiele
von Otto Paul Burkhardt
Lässt man die Wassereinbrüche durchs undichte Dach des Festspielhauses (weswegen der Pianist Grigory Sokolov dann Chopins „Regentropfen“-Prélude als Zugabe spielte) und die krankheitsbedingten Teilausfälle von Tobias Moretti sowie Sophie Rois einmal außer Betracht, so sind die Salzburger Festspiele 2018 relativ ruhig verlaufen. Skandalfrei. Dem Thema, dass in Österreich erneut eine Regierung mit rechtspopulistischer FPÖ-Beteiligung im Amt ist, ging man tunlichst aus dem Weg. Im Jahr 2000, als…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 10/2018
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