Jakob Nolte
von Mirka Döring
aus dem Buch: Stück-Werk 6
Magazin
In der Prager Spielstätte Jatka 78 und am Berliner Chamäleon Theater arbeitet der tschechische Cirk La Putyka an einer Vision des Neuen Zirkus
von Mirka Döring
Umpf umpf umpf umpf umpf. Zum basslastigen Beat wackelt sich eine Kontorsionistin warm. Umpf. Eine Hand auf die Stütze. Umpf. Zweite Hand auf die Stütze. Umpf umpf umpf. Ihre Beine gleiten wie an Fäden gezogen im waghalsigsten Spagat in die Luft und biegen sich so weit über ihren Kopf zurück, dass die eigene Wirbelsäule allein vom Zusehen knirscht. Unweigerlich schiebe ich mein Becken vor und drücke meinen Rücken rund. Autsch.
Lisa Angberg grüßt die sich an ihr vorbeistaunenden deutschen…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 6/2016
Magazin
Die Autorin Henriette Dushe über ihr Stück „In einem dichten Birkenwald, Nebel“ im Gespräch mit Mirka Döring
von Mirka Döring und Henriette Dushe
Henriette Dushe, alle Ihre Stücke sind sehr rhythmisch, sie sind nahezu musikalisch komponiert. Sind Sie auch Musikerin?Leider nicht, aber ich wäre es gerne. Ich bewundere Musikerinnen und Musiker. Spielt man ein Instrument, kann man überall hingehen, andere Musiker finden und sich auf diese Weise verständigen. Ich würde mir wünschen, dass man beim Inszenieren so an meine Texte herangeht, als Band, als Chor. Es gibt nichts Schöneres für mich als den Chor. Durch meine Texte kommt man auch gar…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 4/2016
Auftritt
Schauspiel Hannover: „Amerikanisches Detektivinstitut Lasso“ (UA) von Nis-Momme Stockmann. Regie Lars-Ole Walburg, Bühne Robert Schweer, Kostüme Anna Rudolph
von Mirka Döring
Wenn Künstler sich selbst und ihr Medium ironisch befragen, gilt das derzeit in Kritikerkreisen ja als sehr alter Hut, den sich vor allem mitteljunge Leute, also die Generation Facebook, also die Anfang-Mitte-Ende-Dreißigjährigen aufsetzen, Antú Romero Nunes, Christopher Rüping oder so. Sofort ziehen sie den Vorwurf auf sich, sie benützten die Ironie nur, um sich eine Positionierung zum verhandelten Stoff vom Hals zu halten. Das ist etwas, das vielleicht sogar noch akzeptabel als Unterstellung…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 4/2016
Auftritt
Theater Bielefeld: „Annie Ocean“ (UA) von Mario Salazar. Regie Tim Hebborn, Ausstattung Sophia Lindemann
von Mirka Döring
Es gibt Bergmenschen und es gibt Meermenschen. Nicht nur in Urlaubsfragen, sondern auch in der Psychotherapie. Wenn der Therapeut seine Patienten zur Entspannung auf eine innere Reise schickt, gibt es offenbar solche, die es auf den Gipfel zieht, und solche, die die Weite des Ozeans bevorzugen. Die Deutung, kinderleicht: Bergmenschen brauchen festen Boden unter sich, sind zielstrebig, leistungsorientiert und selbstkontrolliert. Meermenschen dagegen lassen sich lieber treiben, geben sich…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 1/2016
Magazin
Jakob Nolte: „ALFF“, Matthes & Seitz, Berlin 2015, 277 S., 18 EUR.
von Mirka Döring
In den Zaun ist eine Leiche eingenäht: „Hin- ter den Korridoren, hinter der Schwingtür und den Fahrradständern, hinter dem Schulhof, hinter dem Baseballfeld hängt der leblose Körper des Jungen. Penibel wurde seine Haut in das langweilig symmetrische Geäst des Zauns eingenäht. Nachdem Polizisten den Tatort ausgiebig fotografiert haben, lösen sie den Leichnam mit einem Teppichmesser aus den Maschen, wobei die Klinge sowohl am rechten Ellenbogen als auch an der rechten Ferse bricht. Langsam…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 12/2015
Festivals
Während des Internationalen Theaterfestivals Varnaer Sommer befragt das junge, freie bulgarische Theater sich und sein Land
von Mirka Döring
Lasst uns irgendwo anfangen“, steht als Übertitel über der leeren Bühne. „Da liegt ein toter Elefant auf der Seitenbühne.“ Und dann: „Da ist ein großes, fettes Loch im System.“
In Ivo Dimchevs Produktion „Operville“ rauschen die Übertitel nur so vorbei. Einer nach dem anderen, jeder von der Tiefe und Offenheit, dass er einen ganzen Theaterabend überschreiben könnte. Doch ergibt sich insgesamt auch ein zusammenhängender, ein geständnisartiger Monolog, der die Szene lautlos kommentiert. Dimchev…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 10/2015
In den hyperrealen Räumen von Signa Köstler und Mona el Gammal öffnet sich zwischen Realität und Fiktion ein verstörender Spalt
von Mirka Döring, Mona el Gammal und Signa Köstler
Signa Köstler und Mona el Gammal, für das bürgerliche Trauerspiel forderte Lessing eine Zuschauerilludierung, die dem Zuschauer die Leidenschaften des Dramas nicht nur beschrieb, sondern ihn förmlich in das Geschehen hineinzog, damit dieser sympathisierte – ob er wollte oder nicht. Die Avantgarde des 20. Jahrhunderts hingegen erkannte im Zuschauen eine sinnliche Handlung, die es beim Publikum zu aktivieren und zu dynamisieren galt, wozu vor allem die traditionelle Trennung von Zuschauer und…mehr
aus dem Buch: Bild der Bühne, Vol. 2 / Setting the Stage, Vol. 2
Protagonisten
Das Deutsche Staatstheater im rumänischen Temeswar bringt die Idee eines europäischen Theaters beispielhaft voran
von Mirka Döring
Ein Schulterzucken. Mit einem leicht seitlich geneigten Kopf, hochgezogenen Augenbrauen und nach oben gerichteten Handflächen. Ein Schulterzucken, das eindeutig signalisiert: Es liegt nicht bei mir. Ob das Museum geöffnet habe? – Schulterzucken. Ob die Flüge trotz Schneechaos starten? – Schulterzucken. Doch diese Geste vieler Rumänen impliziert weder Resignation noch Gleichgültigkeit. Sie ist freundlich und optimistisch: Alles wird gut. Irgendwann.
In Timișoara/Temeswar ist schon vieles gut…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 4/2013
Florian Lösches Bühnen sind starke Setzungen, denen dennoch eine große Leichtigkeit innewohnt
von Mirka Döring und Florian Lösche
aus dem Buch: Bild der Bühne, Vol. 2 / Setting the Stage, Vol. 2
Magazin
Das junge estnische Theater ist experimentierfreudig und technikverliebt – und erzählt damit auch etwas über sein Land
von Mirka Döring
Vor. Tick. Zurück. Tack. Dann wieder vor. Tick. Und zurück. Tack. Fast forward. Und rewind. FF. And REWFF. Rhythmus des Lebens. Der Herzschlag. Die Schritte. Einer vor und einer zurück. Vor und zurück. Vor und zurück.
In seiner sehr persönlichen Techno-Performance „Rhythm is a Dancer“ sucht der junge Este Henri Hütt nach seinem eigenen Rhythmus. Ist es sein Puls? Sein Tritt? Ist es die Liebe? Die Abfolge von wiederholten Fehlern, die er gemacht hat? Mit aneinandergeschnittenen Videoclips…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 5/2015
Thema: who’s next?
Der Videokünstler und Regisseur Alexander Giesche lädt mit seinen atmosphärischen Visual Poems zur Kontemplation ein
von Mirka Döring
Süß und klebrig ist er: der Kunsthonig, der im Theater Bremen produziert wird. – Was wie eine etwas bemühte Metapher klingt, darf wörtlich genommen werden. Seit rund zwei Jahren leben 60 000 Bienen auf dem Dach des Theaters und sammeln Honig. Initiiert hat das Alexander Giesche, der von 2012 bis 2014 Artist in Residence am Haus war und dort die Performancereihe „Giesche trifft …“ erfunden hat. Meistens traf er Ensemblemitglieder, in diesem Fall aber traf er: die Bienen.
Dass das Bienensterben…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 5/2015
Magazin
Das Festival Fast Forward blickt von Braunschweig aus in Europas Theaterzukunft
von Mirka Döring
Mit der inhaltlichen Zielsetzung, jungen internationalen Regietalenten eine Präsentations- Plattform zu bieten, bestätigt die zweite Ausgabe von Fast Forward – Europäisches Festival für junge Regie ein Profil, das es kein zweites Mal im deutschsprachigen Raum gibt und das etabliert zu werden lohnt. Kuratorisch betrachtet ist Barbara Engelhardt, die im Alleingang acht Produktionen aus sechs Ländern mitgebracht hat, ein vielfältiges Programm gelungen. Hin und her eilend zwischen den kleinen…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 1/2013
Magazin
Das finnische Theater verankert sich in alltäglichen Erfahrungen zwischen Modernität und ländlicher Abgeschiedenheit. Eine Theaterreise
von Mirka Döring
Das Vorzeigeeuropa ist in Finnland. Hohe Gehälter, effizientes Gesundheitssystem, Vorreiter im Bildungswesen. Regelmäßig ist das Land am nordöstlichen Rand des Kontinents in der Spitzengruppe der PISA-Erhebung. Das Schulsystem ist vorbildlich, die Klassen klein, der Inklusionsgrad hoch. Zudem ist Finnland einer der sichersten Flecke Europas, Touristen haben nichts zu befürchten. Das ist die eine Seite.
Die andere ist: Jedes Land hat seine Wunden. Das Leben in Finnland spielt sich auf einer…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 3/2014
Magazin
Gehen oder bleiben? Wie zwei Dokumentartheaterprojekte in Sofia die gesellschaftliche Realität ihres Landes auf die Bühne bringen
von Mirka Döring und Dorte Lena Eilers
Sofia, 1. März 2014. Es ist der Tag von Baba Marta, Großmutter März: der bulgarische Lenz. Überall in der Stadt stehen Stände mit kleinen rot-weißen Martenizi, das sind Armbänder, Anhänger oder kleine Püppchen, sie kosten wenige Stotinki, man schenkt sie Familie und Freunden. Talismane für Gesundheit – rot steht für rote Wangen, weiß für weißes Haar. Das lange, gesunde Leben. Entdeckt man ein erstes Frühlingszeichen, einen blühenden Baum oder eine Schwalbe, hängt man sie an einen Ast oder legt…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 5/2014
Auftritt
Staatstheater Braunschweig: „Polnische Perlen“ (UA) von werkgruppe2. Regie Julia Roesler, Bühne Julia Schiller, Kostüme Dorothea Hoffmann
von Mirka Döring
„Ich habe nur heulen!“ Mit ohnmächtiger Wut beschreibt die osteuropäische Pflegekraft Marta ihr Gefühl zu ihrer Situation. Ganz ohne Larmoyanz, dafür mit Inbrunst: „Ich habe nur heulen!“
1,8 Millionen Pflegebedürftige werden in Deutschland häuslich versorgt. Der demografische Wandel wird diese Zahl anwachsen lassen. Wollten Angehörige eine 24-Stunden-Betreuung mit hierzulande ausgebildetem Pflegepersonal, kostete sie das rund 10 000 Euro. Monatlich. Von einer der geschätzten 115 000…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 5/2014
Magazin
Karlheinz Braun (Hg.): „MonoDramen“. Verlag der Autoren, Frankfurt am Main 2014, 376 S., 22 EUR.
von Mirka Döring
Philipp Hochmair kommt allein zurecht. Der Schauspieler ist in der Regie von Bastian Kraft nicht nur die gesamte Personnage aus Kafkas Roman „Amerika“. Er ist auch Gott, ist Erzengel, ist Teufel, ist schließlich: Jedermann. Der Solospieler macht sich die Texte zu eigen, ist das ganze Drama – und damit wohl der Paradespieler einer monodramatischen Figur, dessen Herausforderung Karlheinz Braun umstandslos zusammenfasst: „Der muss sehen, wie er alleine zurechtkommt.“
Der Mitgründer des Verlags…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 6/2014
Magazin
Das Ernst Deutsch Theater in Hamburg importiert regelmäßig neue britische Dramatik
von Mirka Döring
„Nachdem Sie diesen Text gele- sen haben, hat sich Ihr Gehirn verändert!“ Prof. Dr. Dietrich Naber, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Hamburgischen Universitätsklinikum, erklärt im Programmheft zur Inszenierung von Lucy Prebbles „The Effect“, dass jegliches Fühlen, Denken, Wollen und Handeln „ein hirnorganisches somatisches Substrat“ hat, entsprechend spiegelbildlich führen „alle seelischen und kognitiven Aktivitäten zu Veränderungen im äußerst plastischen Gehirn“.…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 6/2014
stück labor basel
Der Autor Philipp Löhle über sein Stück „Wir sind keine Barbaren!“ im Gespräch mit Mirka Döring
von Mirka Döring und Phillipp Löhle
Philipp Löhle, im Februar kam am Konzert Theater Bern Ihr Stück „Wir sind keine Barbaren!“ zur Uraufführung – einen Tag vor der Volksabstimmung der Initiative „Gegen Masseneinwanderung“ der Schweizerischen Volkspartei (SVP). Haben Sie geahnt, dass das Stück derart aktuell werden würde?Nein, gar nicht. Aber nachdem das Stück fertig war, ist vor Lampedusa ein Flüchtlingsboot gesunken, und über hundert Flüchtlinge sind ertrunken. Dann war das Thema überhaupt erst einmal im Fokus. Später kam noch…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 6/2014
Protagonisten
Lebst du noch oder arbeitest du schon? – Mit großstädtischen Themen begibt sich das Theater Bremen auf Sinnsuche
von Mirka Döring
Hinterm Haus steht der Deich. Zwei Kilometer flussabwärts das Weserstadion, drei Kilometer flussaufwärts die Hafencity, der Flughafen auf der anderen Weserseite, das Theater dazwischen, das war’s – natürlich nicht. Aber Bremen, Landeshauptstadt und Bundesland, seit 1946 sozialdemokratisch regiert, sieht sich selbst gern als das gallische Dorf mitten in Niedersachsen. Im Ostertorviertel, wo das Dreispartenhaus steht, haftet den Bewohnern durchaus etwas Widerständiges an. In dem etwas in die…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 9/2014
Stück
Das Autorenduo Nolte Decar fragt mit seinem Stück „Das Tierreich“ danach, worauf angesichts globalpolitischer Katastrophen die persönliche Freiheit fußt. Ein Gespräch mit Mirka Döring
von Michel Decar, Mirka Döring und Jakob Nolte
Jakob Nolte, Michel Decar, euer erstes gemeinsames Stück „Helmut Kohl läuft durch Bonn“ wurde in der vergangenen Spielzeit am Theater Bonn uraufgeführt. War das eine Auftragsarbeit?Michel Decar: Nein, das dachte jeder, da es ja so schön passend ist. Und auch, weil eine Widmung im Text steht, „Für Bonn“, damit war aber möglicherweise unser Freund und Kollege Bonn Park gemeint.Jakob Nolte: Eine Auftragsarbeit zu diesem Thema hätten wir sicher abgelehnt.
Man wirft unserer Generation ja oft vor,…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 10/2014
Protagonisten
Das Deutsche Schauspielhaus ist unter seiner neuen Intendantin Karin Beier zurück in Hamburg
von Mirka Döring
Du, is aber schon ’n bisschen mehr Platz als drüben, nech?“, näselt eine elegante Dame dezent zu ihrem Begleiter und zeichnet mit dem rechten Fuß den Radius ihrer Beinfreiheit nach. Anerkennendes Nicken seinerseits. Drüben, das meint wohl das fußläufig gelegene Thalia Theater, das den Hamburger Subventionstheatergänger in den letzten drei Jahren mehr oder minder alleine bespaßt hat, weil das Schauspielhaus seit 2010 immer zielstrebiger in die Bedeutungslosigkeit hineingedümpelt ist. Ein…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 3/2014
Stück
Bonn Park, Autor von „Traurigkeit & Melancholie“, über komische Zufälle und deprimierende Vergleiche mit Max Mustermann im Gespräch mit Mirka Döring
von Mirka Döring und Bonn Park
Bonn Park, du bist gebürtig aus Berlin und hast schon bei P14, dem Jugendclub der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Theater gemacht. Hat sich da schon entschieden, dass du das zum Beruf machen willst?Ich bin 2008 zu P14 gekommen, da kam gerade die neue P14-Leitung unter Vanessa Troya, die ist extrem super, weil die sagt: Los Kinder, macht was ihr wollt, und ich schreibe die nötigen E-Mails. Und weil sie die Leute vor dieser allzu deutschen Pädagogiklehre verschont, die oft so funktioniert,…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 12/2014
Auftritt
Schauspiel: „Das Tierreich“ (UA) von Nolte Decar. Regie Gordon Kämmerer, Bühne Jana Wassong, Kostüme Josa David Marx
von Mirka Döring
Willkommen in der Modelleisenbahnromantik. Eine Videoeinspielung zeigt das fiktive Bad Mersdorf, hügelig, fachwerkbehaust, mit Mineralwasserfabrik. Später singt eine Mädchenband: „Wir hassen unsre Eltern! Scheiß auf Selters! Korn, Bier, Weltall!“ – Selters, dieses fade, kohlensäureversetzte und in Wahrheit wenig prickelnde Zeug, ursprünglich und rein, blabla, das bringt die elterliche Welt auf den Punkt und damit das, was man schnellstmöglich hinter sich lassen will.
Zumindest Korn und Bier…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 12/2014
Magazin
Martin Heckmanns: Konstantin im Wörterwald (Dramatiker erzählen für Kinder). mixtvision Verlag, München 2014, 80 S., 17,90 EUR.
von Mirka Döring
Konstantin ist verliebt. In O. Er ist ihr so zugeneigt, dass er vornüberfällt. Angesichts O.s vergisst der auch sonst leidgeprüfte Junge, schmächtig und mit großen Segelohren, dass er stottert. Das Besondere daran: Konstantin hat O. erfunden.
„Die sogenannte Wirklichkeit stellte sich Konstantin manchmal vor wie seinen Schulhof, an allen Seiten von einem Gitter- zaun begrenzt. (…) Und weil die Wirklichkeit ein Schulhof war und Konstantins Gedanken Gitter überwinden konnten und weil er selbst…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 1/2015
Protagonisten
Mit zwei Ensemblestücken eröffnet Andreas Döring seine Intendanz am umstrukturierten Schlosstheater Celle
von Mirka Döring
Friedrich Hebbel schien der Heide nicht zu trauen: „Hinaus aus der Stadt! Und da dehnt sie sich / Die Heide, nebelnd, gespenstiglich / Die Winde darüber sausend / Ach, wär hier ein Schritt, wie tausend! / Und alles so still, und alles so stumm / Man sieht sich umsonst nach Lebendigem um.“ Was Hermann Löns das Landschaftsideal, beschrieb Hebbel in „Der Heideknabe“ als gespenstische Ödnis. Inmitten dieser also: Celle. Eine niedersächsische Kleinstadt wie alle anderen oder eine bedeutende…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 1/2015
Magazin
„Dechovka – Blasmusik“ des tschechischen Theaters Vosto5 erinnert an das Schicksal der Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg
von Mirka Döring
Dünner Filterkaffee aus großen Pumpkannen. Daneben eine Riege Plastikbecher, bei deren Anblick man nicht weiß: Sind sie benutzt, sind sie neu? Die halb zerbröselte Gebäckund-Waffel-Mischung wird auf leichten Opalglastellern serviert, Wellendesign. Ein Stapel Flyer schwimmt in einer Kaffeepfütze. Sie werben für den amtierenden Bürgermeister des fiktiven Orts Dobrodín, Mitglied der KSCM, der Kommunistischen Partei Böhmens und Mährens. Soweit, so authentisch.
Wer schon einmal am öffentlichen…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 2/2015
Abschied: in memoriam Martin Linzer
Martin Linzer zum Gedenken
von Carmen-Maja Antoni, Wolfgang Behrens, Werner Buhss, Gunnar Decker, Friedrich Dieckmann, Mirka Döring, Dorte Lena Eilers, Wolfgang Engel, Barbara Engelhardt, Joachim Fiebach, Dieter Görne, Christian Grashof, Maik Hamburger, Lutz Hillmann, Frank Hörnigk, Thomas Irmer, Ingeborg Knauth, Bert Koß, Sewan Latchinian, Christian Martin, Roland May, Nikolaus Merck, Harald Müller, Frank Raddatz, Horst Rehberg, Thomas Rühmann, Lothar Scharsich, Lena Schneider, Hans-Dieter Schütt, Manuel Soubeyrand, Maurice Taszman, Kathrin Tiedemann, Simone von Zglinicki, Alexander Weigel, Axel Werner, Thomas Wieck und Claudia Wiedemer
SEINE OKTOBERKOLUMNE BESTAND IN einem Nachruf auf Günter Junghans, den wunderbaren Schauspieler, der uns vor allem aus seiner Volksbühnenzeit in Erinnerung ist. Am Ende kam der Autor darauf, dass Eberhard Esche in einer Gedenkrede einmal einen „Schauspielerhimmel“ statuiert hatte. „Für Günter Junghans“, so Martin Linzer, „wird sich dieser Himmel öffnen. Ich Ungläubiger glaube an diesen Spezialhimmel, zumal ich hoffe, dereinst dort über die alten Freunde ein Himmelseckchen schreiben zu können.…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 2/2015
Auftritt
Theater Dortmund: „Komm in meinen Wigwam“ (UA) von Wenzel Storch. Regie Wenzel Storch, Ausstattung Pia Maria Mackert
von Mirka Döring
„Sie lachen sich den Ast, bis Ihnen der Messwein aus der Nase läuft!“ Das Versprechen im Trailer zu Wenzel Storchs erstem Film „Der Glanz dieser Tage“ (1989) könnte getrost auch über der ersten (und hoffentlich nicht letzten!) Theaterregie des Künstlers stehen, der zuweilen als „Terry Gilliam auf Crack“ bezeichnet wird. Der Super-8-Messdiener-Report von damals, intendiert als antiklerikaler Aufklärungsfilm, hat auch 25 Jahre später noch einiges an Material für die Inszenierung in Dortmund…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 12/2014
Festivals
Das Internationale Sommerfestival auf Kampnagel in Hamburg rückt Sexarbeit ins Zentrum und schafft damit Räume zur Selbstpräsentation
von Mirka Döring
Eine Frau lehnt von außen am geöffneten Fenster eines dunklen Mercedes, man sieht nur ihre langen Beine, die in roten Overknee-Stiefeln verschwinden …
Das Bild ist eindeutig – und es ist nicht das des Kindermädchens, das den Maxi-Cosi auf dem Rücksitz einer Familienkutsche zurechtruckelt. Obwohl beide, Nanny wie Prostituierte, mit ihren beruflichen Tätigkeiten im Dienstleistungsgewerbe gar nicht so weit voneinander entfernt sind, ist es nicht diejenige, deren Ware schlichtweg Sex ist, die…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 10/2014