Alle Beiträge von Erik Zielke
Auftritt
Hans Otto Theater: „In den Gärten oder Lysistrata Teil 2“ von Sibylle Berg; „Vor Sonnenaufgang“ von Ewald Palmetshofer. Regie Marlene Anna Schäfer
von Erik Zielke
Potsdam, diese etwas verschlafene, kleine Großstadt, ist für kurze Zeit in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gelangt, als hier im vergangenen Herbst mit Annalena Baerbock und Olaf Scholz zwei prominente Kandidaten um ein Direktmandat für den Bundestag rangen. Hier, so hatte man den Eindruck, wird über die Zukunft des Landes entschieden. Nun beheimatet die Havelstadt also Kanzler und Außenministerin. So viel Aufmerksamkeit ist man hier nicht gewohnt. Und auch auf das Potsdamer Hans…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 2/2022
Auftritt
Anhaltisches Theater: „Die Räuber“ von Friedrich Schiller. Regie Milan Peschel, Ausstattung Nicole Timm
von Erik Zielke
Wie sich das wohl verträgt, das testosteronhaltige Schiller’sche Frühwerk „Die Räuber“ und der kraftstrotzende Regisseur Milan Peschel? Bestens – insofern, als die Fallstricke des Stücks allesamt umschifft werden, weil Peschel sich in seiner ironiegeladenen Inszenierung für die Handlung des Dramas genauso wenig interessiert wie für den Marbacher Nationaldichter selbst, wenngleich er ihm eine Rolle in das Stück schreibt. Peschel, ganz und gar Veteran der Berliner Volksbühne, hat als…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 12/2021
Protagonisten
Schuld und Bühne: Im November jährt sich der 200. Geburtstag des großen russischen Erzählers Fjodor Dostojewski. Theater greifen gern auf seine gewaltigen Stoffe zurück – ein kursorischer Überblick
von Erik Zielke
Was für ein Idiot!, möchte man da ausrufen. Der große Schauspieler Jens Harzer gibt den Fürsten Myschkin auf der Bühne des Hamburger Thalia Theaters und beweist sich einmal mehr als Virtuose der Darstellungskunst. In Johan Simons’ Inszenierung von Fjodor Dostojewskis Roman „Der Idiot“, einem beeindruckenden Abend von viereinhalb Stunden Länge, strafft und kürzt der Regisseur den monumentalen Prosatext (in einer Fassung von Angela Obst), ohne ihn zu beschneiden, ohne die Zerfranstheit des…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 11/2021
Magazin
Zum Tod des französischen Denkers Jean-Luc Nancy
von Erik Zielke
Heiner Müllers Miniatur „Herzstück“, die nur eine halbe Druckseite füllt, ist ein eigentlich großes Drama in, zugegeben, sehr wenigen Worten: Eins bietet Zwei sein Herz, es ist nur mittels Operation herauszubekommen und entpuppt sich als – Ziegelstein. Abgründigere Grotesken als in der Literatur findet man nur im „echten“ Leben. 1991, acht Jahre nach der Entstehung von „Herzstück“, wird das kranke Herz des Philosophen Jean-Luc Nancy mittels Transplantation durch ein funktionstüchtiges ersetzt.…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 10/2021
Stück
Dietmar Dath über sein Stück „Restworld“ im Gespräch mit Erik Zielke
von Dietmar Dath und Erik Zielke
Dietmar Dath, Ihr Stück „Restworld“, das gemeinsam mit dem Künstlerduo F. Wiesel für das Theater Heidelberg entstanden ist, korrespondiert mit dem Sci-Fi-Filmklassiker „Westworld“ von 1973 und der gleichnamigen HBO-Serienproduktion von 2016. Was ist das für ein Film, was ist das für eine Serie?
Der Spielfilm „Westworld“ und die leider weniger bekannte Fortsetzung „Futureworld“ (1976) erzählen von einer Zukunft, in der zum Unterhaltungsangebot für Wohlhabende menschenähnliche Roboter gehören,…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 10/2021
von Erik Zielke
»Karl Marx und Friedrich Engels als Literaturhistoriker« – so lautet der Titel eines Buches von Georg Lukács von 1948. Schon der oberflächliche Blick auf diese eher randständige Publikation im umfangreichen Gesamtwerk von Lukács gibt eine Ahnung davon, wie eine Literatur- und damit auch eine Theatergeschichte des ungarischen Philosophen angelegt sein könnte. Dass Marx und Engels als Bezugspunkte auftreten, überrascht kaum. Sie sind die Stützen seiner gesamten Philosophie. Die Geschichte von…mehr
aus dem Buch: Georg Lukács
von Jakob Hayner und Erik Zielke
»Das Traurige an der jetzigen Lage ist, dass wir, anstatt an dem außerordentlichen Palast des Denkens, den Lukács errichtet hat, weiterzubauen, immerfort noch damit beschäftigt und gezwungen sind, diese elende Pepsicola-Reklame aus dem Weg zu räumen. Wie Lukács müssen wir Zeit verschwenden, die Décadence zu widerlegen, anstatt den Realismus, was unsere ausschließliche Aufgabe sein sollte, besser zu begründen.« Peter Hacks
Georg Lukács (1885–1971) hat das ästhetische Denken des 20.…mehr
aus dem Buch: Georg Lukács
Magazin
Zum fünfzigsten Todestag des Philosophen Georg Lukács
von Erik Zielke
Ein Mensch zwischen allen Stühlen – das ist ein reichlich überstrapaziertes Bild. Es noch einmal zu bemühen, ist allerdings verzeihlich, wenn man über Georg Lukács spricht, dessen Standpunkt bei allem weltgeschichtlichen Stühlerücken immer eine Zwischenposition darstellte. Zwischenposition, das klingt nach Kompromiss, soll aber in diesem Fall heißen: Mut zum Widerspruch – und zum Denken in Widersprüchen.
Lukács, dessen Todestag sich am 4. Juni zum fünfzigsten Mal jährt, war Philosoph und…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 6/2021
Magazin
Brecht und das Fragment. Hg. von Astrid Oesmann und Matthias Rothe, Verbrecher Verlag, Berlin 2020, 240 S., 22 EUR.
von Erik Zielke
„Brecht und das Fragment“, so lautet der Titel des Tagungsbandes, der auf die Brecht-Tage 2018 in Berlin zurückgeht und im Verbrecher Verlag erschienen ist. Das klingt ein bisschen nach trockener Germanistik. Dass die Lektüre sich dann doch sehr kurzweilig ausnimmt, liegt an der umsichtigen Auswahl an Beiträgen, die einen Eindruck von sehr unterschiedlichen Formen der praktischen Beschäftigung mit Bertolt Brechts Werk gibt. So gewährt beispielsweise Martin Kölbel, Herausgeber von Brechts…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 4/2021
Protagonisten
Der Schauspieler Mehmet Ateşçi über die Initiative #ActOut, stereotype Rollenbilder und das Für und Wider biographischen Theaters im Gespräch mit Erik Zielke
von Mehmet Ateşçi und Erik Zielke
Mehmet Ateşçi, Sie sind einer von 185 Schauspielerinnen und Schauspielern, die unter dem Titel #ActOut mit einem Manifest und einem Gespräch im Magazin der Süddeutschen Zeitung an die Öffentlichkeit gegangen sind, eine Aktion, die man als kollektives Coming-out verstehen kann, aber auch als Appell, als nicht-heteronormativer Schauspieler offen mit seiner Sexualität umgehen zu können, ohne Konsequenzen für die Arbeit fürchten zu müssen. Eine der Forderungen im Manifest ist die nach mehr…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 4/2021
Magazin
Masha Qrella: Woanders. Staatsakt 2021, CD, 68:41 Min.
von Erik Zielke
Welch eine Mischung: Die sanfte, aber stimmgewaltige Masha Qrella leiht ihr Organ dem existenzialistischen Dichterfürsten von Ost-Berlin, Thomas Brasch. Wer Braschs Lyrik kennt, dem fällt die Vorstellung nicht schwer, sie auch gesungen zu hören. Der künstlerische Allrounder – Wechselgänger zwischen wirkmächtigen Filmen, pointierten Stücken und kongenialen Übersetzungen – hat schnörkellos geschrieben. Seine Gedichte besitzen eine klare Form und entfalten ihren Klang weit jenseits von…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 3/2021
Magazin
Brecht probt Galilei. 1955/56. Ein Mann, der keine Zeit mehr hat. Hg. von Stephan Suschke, speak low, 3 CDs und Booklet mit 50 S., 151 Min.
von Erik Zielke
Noch schlimmer dran als derjenige, der etwas zu sagen habe und keinen Zuhörer finde, sei der Zuhörer, der keinen finde, der ihm etwas zu sagen hat: So Brecht in den Ausführungen zu seiner Radiotheorie.
Der Theaterregisseur und Autor Stephan Suschke ist ein profunder Kenner Bertolt Brechts. Aus dem Archiv der Berliner Akademie der Künste hat er jüngst Tonaufnahmen geborgen, auf denen Brecht bei den Proben zu seinem Stück „Leben des Galilei“ zu hören ist. Diese fanden im letzten Lebensjahr des…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 3/2021
Auftritt
Theaterdiscounter: „Bodentiefe Fenster“ nach dem Roman von Anke Stelling; Ballhaus Ost: „Brigitte Reimann besteigt den Mont Ventoux! – Der Film“ von Marlene Kolatschny und Jan Koslowski
von Erik Zielke
In der Berliner freien Szene werden die großen Fragen mittels Stream in die Wohnzimmer der Zuschauer projiziert. Wie funktioniert das: lieben, leben, arbeiten? Und wie wollen wir – zusammen – leben? Regisseur Jan Koslowski versucht ein Abschreiten dieser Fragen mit Brigitte Reimann. Die große DDR-Chronistin, die mit ihrem Tagebuchopus Walter Kempowski durchaus ebenbürtig ist, wird selbst zur Figur und kommt von der ostdeutschen Provinz in die südfranzösische Provence. Dort steht der Mont…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 3/2021
Magazin
Revolution und Zweifel – Die wunderbar anarchische Webserie „Rosa Kollektiv Oder: Aktiviere dein inneres Proletariat“ von Christian Filips und Luise Meier
von Erik Zielke
Theater ist oft gnadenlos. Etwa in seiner Vergesslichkeit. Nicht erst seit Heiner Müller ist klar, dass dramatische Kunst aus der Beschäftigung mit der Vergangenheit resultiert, und doch verkommt das Theatererlebnis oft zu bloßer Gegenwart, die auch ein mangelndes Gedächtnis bedeutet. Was bleibt vom Theater des 20. Jahrhunderts und seiner Akteure jenseits der großen Namen?
Armand Gatti (1924–2017) zum Beispiel, der aus Frankreich stammende antifaschistische Dramatiker, ist verschwunden von den…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 2/2021
Magazin
Christoph Schlingensief: Kein falsches Wort jetzt. Gespräche. Hg. von Aino Laberenz, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2020, 336 S., 23 EUR.
von Erik Zielke
„Theaterbedeutung ist mir nicht ganz klar. Es gibt ja Theater für die Hummerfresserfraktion, fürs Feuilleton und für die Diskussionsfreudigen“, wusste Christoph Schlingensief 1994 im Interview auf die Frage zu antworten, warum er nun am Theater arbeite. Schlingensief, zeitlebens als Provokateur gebrandmarkt (oder geadelt), wusste auch beim gesprochenen Wort zuzuspitzen und möglicherweise auf einfallslose Fragen überraschende Antworten zu geben.
Gut dreißig Interviews, entstanden zwischen…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 12/2020
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